Trotz der jüngsten Einigung im Schuldenstreit tickt für Athen weiter die Uhr. Die griechische Regierung braucht rund zwölf Milliarden Euro, allein am kommenden Montag werden rund 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) fällig. Die Suche nach einer Brückenfinanzierung gestaltet sich nach den Worten von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem aber schwierig. "Wir sehen uns alle Instrumente und Fonds an, die wir nutzen könnten, und alle davon scheinen Nachteile oder Unmöglichkeiten oder rechtliche Hindernisse zu haben", sagte der Niederländer am Dienstag vor einem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel.
Am frühen Montagmorgen hatten sich die Euro-Länderchefs in Brüssel nach hartem, mehr als 17-stündigem Ringen auf Bedingungen für ein drittes Rettungspaket verständigt. Der Umfang der weiteren Hilfe für Athen könnte bis zu 86 Milliarden Euro umfassen.
Weil dieses neue Programm aber nicht so schnell fertiggestellt werden kann, bedarf es einer finanziellen Überbrückung. Damit soll Griechenland die Möglichkeit gegeben werden, seinen akuten Finanzbedarf zu decken und seine Banken zu stützen. Der finnische Finanzminister Alexander Stubb sprach vor dem Treffen in Brüssel von "ein bis sechs Optionen" und fügte hinzu: "Es ist klar, dass es für einige Staaten sehr schwierig ist, frisches Geld ohne Auflagen zu vergeben."
London will sich nicht an Finanzspritzen für Athen beteiligen
Im Gespräch ist unter anderem, auf Anleihegewinne der Europäischen Zentralbank (EZB) aus griechischen Staatsanleihen zurückzugreifen oder bilaterale Kredite zu vergeben. Der britische Finanzminister George Osborne sagte, Großbritannien gehöre nicht zum Euro-Währungsraum und sei deshalb auch nicht bereit, sich zu beteiligen: "Die Euro-Zone muss ihre Rechnung selber zahlen." Den Berichten zufolge will EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Instrumente des alten Rettungschirmes EFSM wiederbeleben. Demnach würde der EU-Haushalt - und damit auch Geld des Nettozahlers Großbritannien - als Sicherheit herhalten müssen, falls Griechenland seine Kredite nicht zurückzahlt. London schätzt das Risiko als hoch ein.
Die Downing Street gab sich offiziell diplomatischer. Man gehe davon aus, dass die Vereinbarung von 2010, die EFSM nicht mehr zur Rettung von Euro-Ländern heranzuziehen, steht, sagte ein Sprecher. "Wir haben keinen solchen Vorschlag bekommen und es liegt auch keiner auf dem Tisch."
Damit die Verhandlungen über das Hilfspaket überhaupt erst beginnen können, muss das griechische Parlament schon bis Mittwoch ein erstes Gesetzespaket verabschieden. Die Beratungen dazu sollen dem Vernehmen nach am Mittwochnachmittag beginnen, die entscheidende Abstimmung um kurz vor Mitternacht Ortszeit (23:00 Uhr MESZ). Abstimmung im Athener Parlament voraussichtlich am Mittwochabend
Unterdessen wird Griechenlands Zahlungsrückstand beim Internationalen Währungsfonds immer größer. Wie IWF-Sprecher Gerry Rice in Washington mitteilte, traf eine am Montag fällige Rate in Höhe von 456 Millionen Euro nicht ein. Bereits am 30. Juni hatte Griechenland eine anstehende IWF-Rate von knapp 1,6 Milliarden Euro nicht entrichtet. Das heißt, das Land ist jetzt mit Rückzahlungen im Umfang von rund zwei Milliarden Euro an den IWF im Verzug. Rice zufolge wird der IWF-Vorstand in den "kommenden Wochen" über ein griechisches Ersuchen beraten, die Frist für eine Rückzahlung der Juni-Rate zu verlängern.
Mindestens bis einschließlich Mittwoch bleiben die Banken in Griechenland geschlossen. Bis Donnerstag bleibt auch die Liquiditätshilfe der EZB einem Pressebericht zufolge auf dem derzeitigen Niveau eingefroren. Derzeit liegt die Höchstgrenze für diese Ela-Notkredite bei knapp 90 Milliarden Euro.
dpa/cd/rop/rkr - Bild: Andreas Solaro (afp)