Für Griechenland ist am Donnerstag die letzte Frist zur Vorlage neuer Reform- und Sparvorschläge angebrochen. Sollten die Finanzminister der anderen Euro-Staaten bis Mitternacht keine detaillierte Liste aus Athen erhalten, bekommt Athen im Gegenzug höchstwahrscheinlich auch kein neues Hilfspaket. Den förmlichen Antrag auf neue Milliardenkredite hat die griechische Regierung inzwischen beim Euro-Rettungsschirm ESM gestellt, der Ausgang des Prüfverfahrens ist aber völlig offen.
Nur wenn die für Donnerstag erwartete Reformliste letztlich auch zustimmungsfähig ist, kann der EU-Sondergipfel am Sonntag weitere Hilfen bewilligen - oder den "Grexit" einleiten. Zwar kündigte Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos vorab die Umsetzung erster Änderungen am Steuer- und Rentensystem für Beginn kommender Woche an. Doch diese vage Ankündigung aus seinem Antragsschreiben vom Mittwoch muss er nun auch mit plausiblen Einzelheiten unterfüttern.
Ein drittes Hilfspaket mit einer Laufzeit von drei Jahren schwebt der griechischen Regierung vor, so steht es in ihrem Antrag an den ESM. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, wie es also um die finanzielle Lage des akut pleitebedrohten Landes und dessen Schuldentragfähigkeit bestellt ist, das gab der ESM-Gouverneursrat am Mittwoch in Prüfung. Mit der Untersuchung betraut wurden die Finanzexperten der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB), auch der Internationale Währungsfonds (IWF) wurde in die Spur gesetzt.
Vom Ergebnis ihres Prüfberichts und dem anschließenden Votum der Euro-Finanzminister hängt ab, ob sich Griechenland für neue Hilfen qualifiziert. Nur wenn diese Bedingung erfüllt ist und auch die Reformliste aus Athen am Donnerstag eingeht und überzeugt, können die Ressortchefs das mehrstufige Verfahren zu Verhandlungen über neue Rettungskredite förmlich in Gang setzen.
Am Sonntag könnten sich dann die Staats- und Regierungschefs mit dem weiteren Vorgehen beschäftigen. Für den Fall, dass bis dahin keine Einigung im Schuldenstreit mit den Gläubigern zustande kommen sollte, droht die EZB damit, die bereits ausgereizten Ela-Nothilfen für griechische Banken sofort einzustellen. Damit würde Griechenlands Wirtschaft wohl vollständig kollabieren.
Wie das Finanzministerium am späten Mittwochabend mitteilte, wurden die Bankenschließungen in dem Land bis einschließlich Montag verlängert. Auch die Kapitalverkehrskontrollen dauern entsprechend an. Diese waren Anfang voriger Woche in Kraft getreten und sollten ursprünglich am Mittwochabend auslaufen. Pro Tag können die Griechen weiterhin höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben, wie es in einem Bericht des Staatsradios hieß. Überweisungen ins Ausland sind nur mit Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich.
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde forderte erneut, eine Umschuldung müsse Teil eines Plans zur Stabilisierung der griechischen Finanzen sein. Zu diesem Schritt habe der Fonds - zusammen mit der Forderung nach Reformen - stets geraten, und an dieser Ansicht habe sich auch nichts geändert. Das Land stecke in einer "akuten Krise", sagte Lagarde am Mittwoch in einer Rede vor dem Institut Brookings in Washington. "Der IWF bleibt der Suche nach einer Lösung, um in Griechenland Stabilität und ein tragfähiges Schuldenniveau wiederherzustellen, voll verpflichtet."
dpa/jp - Illustrationsbild: Aris Messinis (afp)