Dass die griechische Lesart nicht unbedingt immer die der Gläubiger ist, daran hat man sich ja inzwischen gewöhnt. Inzwischen nimmt das Ganze aber Ausmaße an. In den letzten Tagen hatte der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis schon mehrfach durchblicken lassen, dass man durchaus noch miteinander rede. Offiziell hatte ja insbesondere die deutsche Bundesregierung immer betont, dass man erst das Referendum abwarten wolle, und dass bis dahin "über gar nichts mehr verhandelt werde".
In einem Interview mit einem irischen Radiosender wurde Varoufakis jetzt aber deutlicher: Im Geheimen werde weiter verhandelt, und eine Einigung sei so gut wie unter Dach und Fach. Im Grunde werde auch der Ausgang des Referendums nichts daran ändern.
Das ist schlicht und einfach nicht wahr, reagierte der niederländische Eurogruppenchef Dijsselbloem. Ungewöhnlich deutlich fügt er hinzu: Diese ganze Geschichte hat sich der Herr Varoufakis von A bis Z aus den Fingern gesaugt. Und jeder, so sagt Dijsselbloem, jeder, der den Leuten weißmache, dass ein "Nein" am Sonntag bedeute, dass es keine Reformen geben müsse, der halte seine Bürger zum Narren.
Das griechische Referendum über den Spar- und Reformkurs kann am Sonntag wie geplant stattfinden. Das höchste Verwaltungsgericht des Landes, der Staatsrat, wies am Freitagabend die Klagen gegen die Volksabstimmung ab. Das berichteten Reporter aus dem Gerichtssaal. Zwei Bürger - ein Ingenieur und ein Jurist - hatten vergangene Woche gegen das Referendum geklagt.
Roger Pint - Bild: Aris Messinis/AFP