Im griechischen Schuldendrama geht die Hängepartie weiter. Die Euro-Finanzminister vertagten weitere Beratungen am Mittwoch auf die Zeit nach der Volksabstimmung am kommenden Sonntag. Damit wird das umstrittene Referendum der Griechen über die Sparforderungen ihrer Geldgeber zu einem entscheidenden Faktor im Schuldenstreit mit der EU. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärten, vor weiteren Schritten in der Griechenland-Krise müsse man das Votum abwarten.
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras rief seine Landsleute unterdessen auf, die Sparforderungen der Geldgeber abzulehnen. Das "Nein" solle den Druck bei neuen Verhandlungen erhöhen. Den Europartnern hatte Tsipras zuvor hingegen geschrieben, er sei grundsätzlich bereit, ihre wichtigsten Bedingungen zu erfüllen. Dazu hatte gehört, doch noch für ein "Ja" beim Referendum einzutreten.
Das bisherige Hilfspaket für Athen ist ausgelaufen, noch offene Milliardenhilfen sind damit verfallen. Die am Dienstagabend fällige Rate von 1,54 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlte die Regierung nicht mehr. Auch einen alten Kredit bei der eigenen Zentralbank über 470 Millionen Euro zahlte die Regierung in Athen nicht fristgerecht zurück, wie Notenbankkreise der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.
Die Euro-Finanzminister bestätigten bei einer Telefonkonferenz, dass das zweite Hilfsprogramm für Griechenland nicht verlängert werde. Das gab ihr Vorsitzender Jeroen Dijsselbloem dem griechischen Regierungschef auch schriftlich. Dijsselbloem erinnert Tsipras in seinem Brief daran, dass Griechenland am 20. Februar seine Pflicht zur Rückzahlung sämtlicher Verbindlichkeiten bestätigt habe.
EZB-Nothilfen auf Stand von rund 90 Milliarden Euro belassen
Unterdessen entschied die Europäische Zentralbank (EZB) nach Informationen aus Notenbankkreisen, die Nothilfen für die griechischen Banken weiterhin auf dem aktuellen Stand von rund 90 Milliarden Euro zu belassen. Griechenlands Banken sind seit Monaten auf diese Hilfen angewiesen.
Griechische Rentner, die kein Geld aus Bankautomaten ziehen können, bekamen in den Filialen maximal 120 Euro Rente ausgezahlt. Dieser Betrag sollte für eine Woche reichen. Zugleich verkündete Tsipras in seiner Fernsehansprache: "Die Renten und Gehälter sind sicher."
Bei dem Referendum am Sonntag sollen die Griechen sagen, ob sie den Bedingungen der Gläubiger zustimmen oder sie ablehnen. Das Hilfspaket, zu dem diese Bedingungen gehören, ist aber überholt. "Wir sind in einer neuen Lage", sagte der Vizechef der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, in Brüssel. Es werde jetzt nicht mehr über die Verlängerung des alten Rettungsplans gesprochen, sondern über ein Zwei-Jahres-Programm des Eurorettungsschirms ESM. Daraus hatte Tsipras am Dienstag einen 29-Milliarden-Euro-Kredit gefordert.
Die Ratingagentur Moody's in London stufte die Bonität Griechenlands am Mittwoch von "Caa2" auf "Caa3" herab. Wie die Agentur zudem mitteilte, sei eine weitere Herabstufung angesichts des Schuldendramas kurzfristig möglich. Erst zu Wochenanfang hatte die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) die angekündigte Volksabstimmung mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands um eine Stufe auf "CCC-" quittiert.
Varoufakis will bei "Ja" nach Volksabstimmung zurücktreten
Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis macht seine politische Zukunft vom Ausgang der Volksabstimmung am Sonntag abhängig. Sollten die Griechen gegen die Empfehlung der Regierung "Ja" zu den Sparforderungen der Geldgeber sagen, werde er von seinem Amt zurücktreten, sagte Varoufakis am Donnerstag in einem Interview mit dem Fernsehsender Bloomberg TV.
Er gehe jedoch davon aus, dass die Griechen die Vorschläge der Gläubiger ablehnen werden. Auf die Frage, ob er einer Vereinbarung ohne Schuldenerlass zustimmen würde, sagte er: "Ich würde mir lieber den Arm abschneiden."
Auch Ministerpräsident Alexis Tsipras hat seine Zukunft als Regierungschef vom Ausgang der Volksabstimmung abhängig gemacht. Am Mittwoch plädierte er in einer Rede ans Volk erneut für eine Ablehnung der vor rund einer Woche von den Geldgebern vorgeschlagenen Maßnahmen. Das Hilfspaket, zu dem diese Bedingungen gehören, ist aber überholt.
dpa/vrt/jp - Bild: Andrea Bonetti (afp)