Mit der Schließung aller Banken will Griechenland sein Finanzsystem schützen. Zudem sollen ab Montag auch Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden, wie Ministerpräsident Alexis Tsipras in einer Ansprache am Sonntagabend ankündigte. Mit den Maßnahmen will die Regierung einen möglichen Ansturm auf die Geldinstitute des Landes unterbinden, die seit Monaten auf Nothilfen angewiesen sind. Auch eine Kapitalflucht ins Ausland soll so gestoppt werden. Zuletzt hatten verunsicherte Verbraucher und Unternehmen große Mengen Bargeld von ihren Konten abgehoben.
Tsipras bezeichnete die Maßnahmen als Reaktion auf die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Notkredite für griechische Banken einzufrieren. Die EZB hatte nach dem Scheitern der Schuldenverhandlungen Griechenlands mit den internationalen Geldgebern beschlossen, die Notkredite auf dem aktuellen Stand von rund 90 Milliarden Euro zu belassen.
Die griechischen Geldinstitute sollen Medienberichten zufolge von Montag an bis zum 6. Juli und damit bis nach der geplanten Volksabstimmung geschlossen bleiben. An Geldautomaten sollen demnach maximal 60 Euro pro Tag abgehoben werden können. Zuvor war von 100 Euro die Rede. Besucher aus dem Ausland seien von den Maßnahmen nicht betroffen. Mit ausländischen Bankkarten gebe es keine Beschränkungen, hieß es. Die Zeitung "Kathimerini" berichtete am Sonntagabend auf ihrer Internetseite ohne Angabe einer Quelle, auch die Börse in Athen solle mindestens eine Woche geschlossen bleiben.
Ministerpräsident Tsipras rief seine Landsleute trotz der Maßnahmen zu Besonnenheit auf. "Geldeinlagen in griechischen Banken sind absolut sicher", sagte er. Gehälter und Renten seien "garantiert". In den kommenden Tagen sei Geduld und Gelassenheit nötig. Die kritische Situation könne überwunden werden.
Am Samstag waren die Verhandlungen zwischen Griechenland und der Eurogruppe gescheitert, nachdem Tsipras überraschend ein Referendum über geforderte Reformen am kommenden Sonntag (5. Juli) angekündigt und gleichzeitig deren Ablehnung empfohlen hatte. Das laufende Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber für das Land endet am 30. Juni. Damit fehlen dem hoch verschuldeten Staat Milliarden, die zur Tilgung von Schulden beim Internationalen Währungsfonds (IWF) am Dienstag benötigt werden. Denkbar sind damit auf mittlere Sicht auch der Staatsbankrott und das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone ("Grexit").
US-Präsident Barack Obama und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel drückten in einem Telefonat ihre Besorgnis aus. Beide Seiten hielten es für äußerst wichtig, alles zu unternehmen, um einen Weg zu finden, der es Griechenland erlaube, innerhalb der Eurozone Reformen umzusetzen und Wachstum zu erzielen, teilte das Weiße Haus mit. Wirtschaftsexperten beider Länder beobachteten die Situation und stünden in engem Kontakt.
Bislang hat mit Zypern nur ein Euroland jemals Kapitalverkehrskontrollen verhängt. Im März 2013 wurden für mehrere Tage alle Online-Überweisungen gestoppt; die Banken blieben für mehrere Tage geschlossen. Die Bürger konnten an den Geldautomaten höchstens 190 Euro pro Tag von ihren Konten abheben. Im April 2015 hob Zypern alle Einschränkungen wieder auf.
Griechenland-Sorgen belasten Börsen in Asien und Pazifik
Nach der Zuspitzung der Griechenland-Krise sind die Märkte in Asien und der Pazifikregion mit Verlusten in die neue Woche gestartet. Japan, Singapur und Sydney öffneten am Montag mit deutlichem Minus.
In Japan verlor der Nikkei-Index für 225 führende Werte zur Handelsmitte 368,81 Punkte oder 1,78 Prozent auf den Zwischenstand von 20.337,34 Zählern. Zu Handelsbeginn hatte er zeitweise 2,14 Prozent nachgegeben. Der breit gefasste Topix fiel bis zur Handelsmitte um 28,41 Punkte oder 1,7 Prozent auf 1638,62 Punkte. Exportwerten machte der steigende Yen-Kurs zu schaffen.
In Sydney sackte der S&P/ASX 200-Index ebenfalls zeitweise um zwei Prozent ab. Das entsprach einem Verlust von rund 35 Milliarden australischen Dollar im australischen Aktienmarkt (gut 24 Milliarden Euro).
Im Stadtstaat Singapur büßte der Straits Times-Index mehr als ein Prozent ein. Der Aktienmarkt lag am Vormittag bei rund 3280 Punkten. Er war schon vergangene Woche wegen der Griechenland-Sorgen unter Druck.
Der Euro gab am Montag wie erwartet nach. Das Minus hielt sich mit einem Abschlag von rund eineinhalb Cent allerdings in Grenzen. Um 05:00 Uhr kostete ein Euro 1,1012 Dollar, nachdem er am Freitagabend bei rund 1,1160 Dollar gestanden hatte. In den ersten Handelsstunden der Woche war der Euro zeitweise auf 1,0955 Dollar gefallen. Experten machten die jüngste Eskalation in der griechischen Krise für den Kurssturz verantwortlich.
dpa/cd - Bild: Angelos Tzortzinis (afp)