Wegweisendes Urteil in den USA: Das höchste Gericht ermöglicht Schwulen und Lesben in allen 50 Bundesstaaten das Recht auf eine Ehe. Die amerikanische Verfassung garantiere landesweit ein Recht auf gleichgeschlechtliche Eheschließungen, urteilten die Richter in der am Freitag veröffentlichten Entscheidung. Die bislang bestehende Verbote von 13 Bundesstaaten sowie in einigen Bezirken des Staats Missouri müssen aufgehoben werden. Derzeit erlauben bereits 36 Staaten sowie der Bundesdistrikt Washington D.C. die Homo-Ehe. "Das ist ein Sieg für die USA", sagte Präsident Barack Obama in einer ersten Reaktion.
Die mit fünf zu vier Richterstimmen knappe Entscheidung des Supreme Court ist der bislang größte rechtliche Erfolg für Befürworter der gleichgeschlechtlichen Ehe in den USA. Ihr Urteil stützten die Richter auf den 14. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der eine Gleichbehandlungsklausel enthält. Fünf der neun Richter gelten als eher konservativ, vier als eher fortschrittlich orientiert.
"Amerika sollte sehr stolz sein", sagte Obama im Rosengarten des Weißen Hauses kurz nach Veröffentlichung des Urteils. "Diese Entscheidung wird dem bisherigen Flickenteppich an Regelungen ein Ende bereiten." Die Amerikaner könnten stolz sein. Auf Twitter bezeichnete Obama das Urteil als großen Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung, schrieb er auf Twitter und fügte den Hashtag #LoveWins ("Liebe siegt") hinzu. Bei seiner Wahl im Jahr 2008 hatte er sich noch gegen die Homo-Ehe ausgesprochen, war vor seiner Wiederwahl im Jahr 2012 aber ins Lager der Befürworter gewechselt.
"Die heutige Entscheidung bestätigt, was Millionen quer durchs Land bereits tief in ihren Herzen wissen. Unsere Liebe ist gleich", sagte Hauptkläger Jim Obergefell. Er hatte sich durch die Instanzen gekämpft, um als Witwer seines im Alter von 48 Jahren gestorbenen Partners John Arthur anerkannt zu werden. Obama rief Obergefell am Freitag an, um zu dem juristischen Sieg zu gratulieren.
Vor dem Gerichtsgebäude in Washington versammelten sich Hunderte Befürworter der Homo-Ehe. Kurz nach der Entscheidung fielen sie sich jubelnd in die Arme, feierten die Entscheidung und sangen die amerikanische Nationalhymne.
Das Thema spaltet die Amerikaner seit Jahren. Schon zum Auftakt der Verhandlungen Ende April hatten sich die Richter uneins gezeigt. Jüngsten Umfragen zufolge zählt sich die Mehrheit der Bevölkerung aber mittlerweile zu den Befürwortern: 57 Prozent der Amerikaner würden eine Entscheidung des Supreme Court zur Legalisierung der Homo-Ehe begrüßen, fanden der Sender NBC und das "Wall Street Journal" heraus. 37 Prozent sprachen sich zuletzt dagegen aus. Vor allem im letzten Jahrzehnt hat sich die Stimmung innerhalb des Landes zugunsten der Homo-Ehe gewandelt.
Das Eherecht in den USA ist den einzelnen Bundesstaaten vorbehalten. Allerdings ist es Interpretationssache, ob die Verfassung es den einzelnen Staaten überlässt zu entscheiden, was unter einer Ehe zu verstehen ist. 2013 hatte das Gericht bereits die Ungleichbehandlung von verheirateten Schwulen oder Lesben auf Bundesebene beendet. Ihnen müssten die gleichen staatlichen Vorteile gewährt werden wie Partnern in traditionellen Ehen, hieß es damals.
dpa/mh - Bild: Mladen Antonov (afp)