Knapp ein halbes Jahr nach den Mordanschlägen von Paris wird Frankreich erneut von einem islamistischen Attentat erschüttert. Bei einem Anschlag auf eine Fabrik nahe Lyon sind am Freitag ein Mensch getötet und mehrere verletzt worden. Zwei Männer seien in die Fabrik eingedrungen und hätten dort mehrere Gasflaschen in die Luft gesprengt, berichtet die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Ermittler.
Die Mitarbeiter der Firma "Air Products", die Gasprodukte für die Industrie herstellt, seien schockiert, berichten französische Medien. Einige von ihnen haben offenbar den Angriff miterlebt.
In der Nähe der Fabrik wurde ein enthaupteter Körper gefunden. Der Kopf soll mit arabischen Aufschriften an einem Zaun gefunden worden sein. Bei dem Enthaupteten handelt es sich nach jüngsten Angaben um den Chef des Festgenommenen. Mindestens zwei Menschen wurden nach Angaben der Behörden zudem leicht verletzt.
Die Attentäter sollen Islamistenfahnen dabei gehabt haben. Beide hatten nach Angaben einer Polizeisprecherin Tücher um den Kopf gewickelt. Die Polizei nahm einen 35-jährigen Mann, der ab 2006 im Visier des Staatsschutzes stand. Er hatte Kontakt mit der radikalislamischen Salafistenszene aufgenommen. Da er weder vorbestraft war, noch nach Syrien oder in den Irak reiste oder sonst auffiel, wurde die Akte 2008 wieder geschlossen. Der Mann ist 35 Jahre alt und Vater von drei kleinen Kindern. Inzwischen wurde ein zweiter Mann festgenommen. Er wohnt in der Nähe der Fabrik und war am Morgen bereits aufgefallen, weil er mit seinem Auto in der Nähe des Fabrikgeländes umherfuhr.
Die Frau des Hauptverdächtigen wurde nahe Lyon ebenfalls von der Polizei festgenommen. Dem Sender Europe-1 hatte sie zuvor berichtet, ihr Mann und Vater von drei gemeinsamen Kindern sei als Auslieferungsfahrer am Morgen ganz normal zur Arbeit gegangen.
Augenzeugen berichteten im Sender BFMTV, die Umgebung des Werks sei evakuiert worden. Regierungschef Manuel Valls ordnete verstärkte Überwachung aller potenziell gefährdeten Objekte in der Region an. Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve ist auf dem Weg zum Tatort.
Frankreichs Präsident Hollande brach wegen des Anschlags seine Teilnahme am EU-Gipfel in Brüssel ab und berief eine Sitzung des Sicherheitskabinetts ein. Er sprach von einem Anschlag "terroristischer Natur".
In Frankreich waren im Januar bei einer islamistischen Anschlagsserie auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" und auf einen jüdischen Supermarkt insgesamt 17 Menschen getötet worden.
Außenminister Didier Reynders hat mit Abscheu auf das jüngste Attentat in Frankreich reagiert. In China, wo sich der Außenminister zurzeit noch mit dem Königspaar aufhält, sagte Reynders, Belgien stehe im Kampf gegen den islamistischen Terror an der Seite der Franzosen. Premierminister Charles Michel äußerte sich ebenfalls entsetzt über die Tat. Es handele sich um ein einen Terroranschlag mit in Europa bislang ungekannten Methoden, schrieb der Premier auf Twitter. Das Attentat in Frankreich und auch die Tragödie in Tunesien zeigen, dass Europa stärker gegen die Barbarei vorgehen müsse.
belga/afp/dpa/jp/est/mh - Bild: Philippe Desmazes (afp)