Mehr als vier Jahre nach der Jasminrevolution arbeiten die Tunesier die Menschenrechtsverstöße während der Zeit der Diktaturen in dem nordafrikanischen Land öffentlich auf. Die Präsidentin der Kommission für Wahrheit und Würde, Sihem Ben Sedrine, kündigte in Tunis an, dass die Anhörungen in den kommenden Wochen beginnen werden. Bislang habe das Gremium mehr als 13.000 Fälle gesammelt. Die im Zuge der Demokratisierung Tunesiens gebildete Wahrheitskommission feierte am Dienstag ihr einjähriges Bestehen.
Untersucht werden anhand von Interviews und Archivmaterial Verbrechen von 1955 an. Das war ein Jahr vor der Unabhängigkeit Tunesiens von Frankreich. Es geht um Menschenrechtsverstöße, die zunächst unter den Kolonialherrschern verübt wurden, später von den Apparaten des Staatsgründers Habib Bourguiba und dessen Nachfolgers Zine el Abidine Ben Ali. Letzterer wurde im Januar 2011 gestürzt.
Ziele sind eine Entschädigung der Opfer und der Start eines Versöhnungsprozesses. Das bekannteste Beispiel für einen solchen Prozess stammt aus Südafrika, wo in den 1990er Jahren eine "Wahrheits- und Versöhnungskommission" die Verbrechen zu Zeiten der Apartheid aufarbeitete.
dpa/jp