Kurz vor der Parlamentswahl in der Türkei sind bei einem mutmaßlichen Doppelanschlag auf eine Veranstaltung der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP mindestens zwei Menschen getötet worden. Nach Angaben von Ärzten wurden bei der Explosion am Freitag im südosttürkischen Diyarbakir mindestens 220 weitere Menschen verletzt worden. Bei einem der Toten handele es sich um einen 16-jährigen Jungen. Nach Regierungsangaben von Freitagabend wurden mindestens 100 Menschen verletzt. Die Nachrichtenagentur DHA berichtete, 20 Menschen seien in einem kritischen Zustand.
Die genaue Ursache der Explosionen war zunächst unklar. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte in der Nacht zu Samstag im Sender Star TV, die Ermittlungen gingen weiter. Es handele sich jedoch eindeutig um "Sabotage" und "Provokation". Weiter sagte er: "Das war nicht gegen eine Partei gerichtet, das war ein Angriff auf die Demokratie."
Augenzeugen berichteten, sie hätten Metallkugeln gefunden, wie sie auch in Sprengsätzen verwendet werden, um möglichst viele Menschen zu verletzen. Mehmet Sahin (37), der schwer verletzt wurde, sagte: "Natürlich war das eine Bombe. Am ganzen Körper habe ich Verbrennungen und Wunden." Krankenschwestern sagten der Deutschen Presse-Agentur, dass sie Splitterwunden behandeln mussten.
Die Nachrichtenagentur DHA berichtete, zunächst habe es eine kleine Detonation in einem Mülleimer gegeben. Kurz darauf eine große Explosion. Ein 58-Jähriger namens Burhan Kabak sagte: "Ich habe zwei Explosionen innerhalb von rund fünf Minuten gehört. Ich habe viele verletzte Menschen auf dem Boden gesehen. Da war so viel Blut."
Der Ko-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtas, rief die Anhänger seiner Partei nach den Explosionen in Diyarbakir zur Ruhe auf. "Wir werden dieser Provokation nicht nachgeben", sagte er. Am Samstag protestierten rund tausend Menschen in Diyarbakir. Sie hielten Transparente mit der Aufschrift: "Trotz allem Frieden".
Die Nachrichtenagentur Anadolu hatte zunächst gemeldet, ein Trafo sei explodiert. Energieminister Taner Yildiz schloss einen Defekt an einem Transformator nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA aber aus. An diesem Sonntag wählen die Türken ein neues Parlament. Sollte die HDP am Sonntag die Zehnprozenthürde überwinden, könnte die AKP ihre absolute Mehrheit verlieren.
Diese Mehrheit ist erforderlich für ein von der AKP angestrebtes Referendum über eine Verfassungsreform. Ziel ist die Einführung eines Präsidialsystems mit Erdogan an der Spitze. Bislang ist der Ministerpräsident Regierungschef in der Türkei.
dpa/mh Bild: Alyas Akengin/AFP