Die Verhandlungen über das Ende des griechischen Schuldendramas gehen in die entscheidende Phase. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras reiste am Mittwoch nach Brüssel, um mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker über einen Weg aus der Finanzkrise für das pleitebedrohte Land zu sprechen. Nach Angaben von Diplomaten wurde zu dem Treffen am Abend auch Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem erwartet.
"Es geht ums Ganze", titelte das Athener Boulevardblatt "Ethnos". Viel Zeit bleibt Athen angesichts leerer Kassen nicht mehr. Ohne weitere Hilfen könnte Griechenland schon in wenigen Tagen zahlungsunfähig sein. Allein im Juni muss Athen knapp 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen.
Griechenland habe einen Reformplan vorgelegt, der einen für alle Seiten "ehrhaften Kompromiss" ermöglichen werde, sagte Tsipras vor seinem Abflug im griechischen Fernsehen.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte bei einer Veranstaltung: "Ich habe noch einige Probleme zu lösen in Zusammenhang mit dem, was man den griechischen Fall nennt."
Der Chefsprecher der EU-Kommission betonte, bei dem Treffen werde keine Einigung über den Abschluss des Hilfsprogramms für Athen erwartet. Diese Vereinbarung ist Voraussetzung für die Auszahlung neuer Milliardenhilfen der Geldgeber an das pleitebedrohte Land. "Es wird nicht verhandelt werden. Es geht um eine Bestandsaufnahme."
In der Nacht zum Dienstag hatten die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef François Hollande mit Juncker und IWF-Chefin Christine Lagarde sowie EZB-Präsident Mario Draghi in Berlin einen Kompromiss ausgelotet. Details ihres "allerletzten Angebots" wurden nicht genannt.
Tsipras soll nach griechischen Medienberichten bereits ein ganzes Stück von seinen Wahlversprechen abgerückt sein. Unter anderem lehnt er Privatisierungen nicht mehr ab. Eine umstrittene Immobiliensteuer soll entgegen seinen Wahlversprechen bleiben. Zudem soll es eine umfangreiche Mehrwertsteuerreform mit mehr als einer Milliarde Euro Mehrbelastungen für die Bürger geben. Den Athener Kompromissvorschlag hatte Tsipras am Vortag als "schwierig" für das Volk beschrieben.
dpa/mh - Bild: John Thys (afp)