Kurz vor Beginn des EU-Ostpartnerschaftsgipfels hat die Ukraine eine klare EU-Beitrittsperspektive eingefordert. "Wir möchten jetzt in Riga die konkrete Zusicherung erhalten, dass die Ukraine für eine künftige Mitgliedschaft in der Europäischen Union geeignet ist und die Chance hat, in Zukunft Beitrittskandidat zu werden", sagte der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin der "Welt" (Donnerstag). Sein Land brauche dringend eine europäische Perspektive. "Das würde der Stimmung und dem Reformprozess in der Ukraine einen unglaublichen Schub verleihen."
Präsident Petro Poroschenko äußerte in Kiew zudem die Erwartung, dass die Ukraine ein klares Signal für Visafreiheit erhält und ukrainische Bürger damit problemlos in die EU einreisen können. Die technischen Voraussetzungen dafür werde man erfüllen, sagte er. Klimkin sagte in Richtung EU: "Ich kann Ihnen versichern, dass die Visafreiheit nicht zu einer Migrationswelle in die Europäische Union führen wird."
Auf dem Gipfel in Riga will die EU an diesem Donnerstag und Freitag mit den sechs früheren Sowjetrepubliken Ukraine, Georgien, Moldau Weißrussland, Armenien und Aserbaidschan über Perspektiven für mehr Zusammenarbeit beraten.
Das Ergebnis der Diskussionen wird mit Spannung erwartet. Die EU-Partnerschaftspolitik steht seit dem Ausbruch des Konflikts in der Ukraine verstärkt in der Kritik. Der Streit um die Annäherung des Landes an die EU gilt als eine der Ursachen für den Bürgerkrieg.
Unterstützung für ihre Forderungen nach einer EU-Beitrittsperspektive bekommt die ukrainische Regierung unter anderem von der Linken im Europaparlament. "Die EU sollte ihre Nachbarn ehrlich behandeln, eine echte Beitrittsperspektive bieten und sie nicht taktisch hinhalten", sagte die Fraktionschefin Gabi Zimmer der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Zimmer warf der EU vor, mit der Östlichen Partnerschaft "bewusst die wirtschaftlichen Interessen Russlands" übergangen zu haben. Auch habe die Union die unterschiedliche soziale, kulturelle und wirtschaftliche Lage in den sechs Partnerstaaten falsch eingeschätzt. "Auch das hat zum Desaster in der Ukraine beigetragen, die nun tief gespalten zwischen EU und Russland zerrieben wird."
Keine konkrete Beitrittsperspektive
EU-Diplomaten machten vor dem Gipfel hingegen klar, dass es keine konkrete Beitrittsperspektive für Staaten wie die Ukraine geben werde. "Die Frage steht für die EU zurzeit nicht auf der Agenda", hieß es zu dem Thema in Brüssel. Auch beim Thema Visa-Liberalisierung werde es keine festen Zusagen geben.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow wies unterdessen Vorwürfe zurück, Moskau blockiere die freie Entfaltung ehemaliger Sowjetrepubliken. "Wir haben kein Monopol auf das Geschehen in dieser Region", sagte Lawrow der Agentur Ria Nowosti zufolge bei einer Rede im Föderationsrat in Moskau.
Aus Lettland wurde vor dem Gipfel von mehr russischen Militäraktivitäten nahe seiner Grenzen berichtet. Nach Angaben der Armee wurden ein U-Boot und ein Forschungsschiff der russischen Marine nahe der Seegrenze gesichtet.
dpa/jp - Bild: Ozan Kose (afp)