Die Helfer in Nepal graben weitere Tote aus. Und noch immer bebt die Erde. Viele Menschen leben seit 18 Tagen in Angst - ihre Gesundheit leidet.
Die Zahl der Toten bei dem gewaltigen Himalaya-Erdbeben und mehreren Nachbeben ist auf mehr als 8300 gestiegen. Allein in Nepal kamen nach offiziellen Angaben vom Mittwoch mindestens 8200 Menschen ums Leben. Im Nachbarland Indien starben rund Hundert Menschen, in China ebenfalls Dutzende. Weitere Tote werden befürchtet, da an den Berghängen zuletzt wieder zahlreiche große Erdrutsche abgingen und Siedlungen verschütteten.
Die Zahl der Toten bei dem Nachbeben war am Mittwochmorgen auf mindestens 83 gestiegen. Weitere Tote werden befürchtet, da an den Berghängen zahlreiche große Erdrutsche abgingen und Siedlungen verschütteten. Allein in Nepal seien mehr als 1.900 Menschen verletzt worden, sagte Polizeisprecher Kamal Singh Bam am Mittwoch in Kathmandu.
Das Nachbeben am Dienstag hatte die Stärke 7,3, das große Beben vor zweieinhalb Wochen war mit 7,8 gemessen worden. Tausende Menschen zelten nun wieder im Freien, aus Angst, ihre Häuser könnten doch noch einstürzen. Zahlreiche Nepalesen klagen über Herzrasen, Panikattacken und Erkältungen vom Schlafen im Freien.
Sie kommen nicht zur Ruhe, da weitere Nachbeben den Himalaya erschüttern. Nach Angaben der US-Geologiebehörde USGS waren seit dem Beben am 25. April mehr als 100 Nachbeben spürbar. Das UN-Büro für Katastrophenhilfe (Ocha) in Nepal veröffentlichte auf Twitter das Foto einer Flasche: "Weil es keinen Erdbeben-Alarm gibt, lässt uns die Wasserflasche auf dem Fußboden wissen, wann wir rennen müssen!", heißt es dazu. Beginnt die Erde zu beben, schwappt das Wasser hin und her.
Die Schulen in den betroffenen Gebieten in Nepal würden nun nicht wie geplant an diesem Donnerstag, sondern erst am 30. Mai wieder öffnen, berichtete die Online-Seite "Ekantipur". Außerdem habe die Regierung die internationalen Ärzte-Teams gebeten, länger als geplant im Land zu bleiben.
Weitere Nachbeben befürchtet
Das Nachbeben in Nepal war auch aus Expertensicht unerwartet stark. "Ich war überrascht, ich hätte eigentlich kein Nachbeben über Stärke 7 erwartet", sagte der Geophysiker Birger Lühr vom Potsdamer Geoforschungszentrums (GFZ). Das GFZ hatte die Stärke des Bebens am Dienstag mit 7,2 angegeben, die US-amerikanische Geologiebehörde USGS mit 7,3.
Bei dem verheerenden Erdbeben am 25. April unter Nepal sei in der Erdkruste eine Fläche von etwa 150 Kilometer Länge und 35 Kilometer Breite gebrochen, erläuterte der Wissenschaftler. Dabei habe sich die Erdoberfläche um rund zweieinhalb Meter verschoben. "Die Nachbeben konzentrieren sich jetzt auf den östliche Bereich des Bruchs." Es sei zu erwarten, dass auch weiter westlich vom Hauptbeben in nächster Zeit starke Erdbeben auftreten könnten.
Erdbeben seien nicht vorhersagbar, betonte der Geophysiker. "Dafür müssten wir die mechanische Vorspannung des Gesteins in zehn Kilometer Tiefe genauer bestimmen können." Bislang könne nur die Plattenverschiebung an der Oberfläche gemessen werden. "Die Platten schieben sich im Raum Nepal jährlich zwei Zentimeter übereinander und das sorgt für einen Spannungsaufbau, der dann durch Erdbeben abgebaut wird."
Nepals Hauptstadt Kathmandu gehört laut Lühr wie Los Angeles, Taschkent und Istanbul zu den am stärksten gefährdeten Gebieten.
US-Helikopter bei Erdbeben-Hilfe in Nepal verschwunden
Bei einem Hilfseinsatz im bergigen Gelände verschwand ein Hubschrauber der US-Armee. Er sei am Dienstag zuletzt in Charikot nahe des Epizentrums des Nachbebens gesehen worden und dann am Mittwoch in der Region Tamakoshi gesichtet worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Zunächst war unklar, ob der Helikopter abgestürzt oder notgelandet ist. An Bord der Maschine des Typs UH-1Y Huey seien sechs US-Marinesoldaten und zwei nepalesische Soldaten gewesen, sagte ein Sprecher des US-Militärs.
Nepal hat nach UN-Angaben derzeit selbst nur acht funktionierende kleine Militärhubschrauber. Deswegen helfen Indien, die USA und China mit zusammen 24 Helikoptern aus. Großbritannien wollte riesige, zweimotorige Transporthubschrauber schicken, doch bislang haben sie Nepal nicht erreicht. Indische Medien berichteten, die nepalesische Regierung erteile keine Genehmigung für die Chinooks - deswegen stünden sie nun in Indien herum. Kathmandu befürchte nämlich, die großen Hubschrauber könnten Dächer von den Häusern wehen und auf den kleinen provisorischen Landeplätzen nicht landen.
dpa/est/rkr - Foto: Prakash Mathema (afp)