Wenige Stunden vor Beginn der angekündigten Feuerpause im Jemen hat die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition Ziele in der Hauptstadt Sanaa bombardiert. Die schweren Luftangriffe im Stadtteil Dschabal Nukum am Dienstag galten nach Berichten von Anwohnern einem Waffenlager der schiitischen Huthi-Rebellen. Nach Darstellung der von den Huthis kontrollierten Nachrichtenagentur Saba wurden dabei 90 Menschen getötet und 300 verletzt. Die Angaben ließen sich zunächst nicht von unabhängiger Seite überprüfen.
Am späten Dienstagabend (22:00 Uhr MESZ - 23:00 Uhr Ortszeit) sollte im Jemen eine fünftägige humanitäre Feuerpause in Kraft treten, an die sich die Konfliktparteien nach eigenem Bekunden halten wollen. Im südarabischen Land kämpfen Huthi-Rebellen gegen Anhänger des nach Riad geflohenen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Eine von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition bombardiert seit Ende März Stellungen und Waffenlager der Huthis.
Die Zivilbevölkerung in einem der ärmsten arabischen Länder leidet stark unter den Angriffen: Häuser wurden zerstört, Stromausfälle sind häufig, Treibstoff und Gas sind Mangelware. Die Menschen fliehen in Massen aus den betroffenen Gebieten. Hilfsorganisationen sprechen von einer drohenden humanitären Katastrophe.
Die Feuerpause soll vor allem dazu dienen, um Hilfslieferungen für die Bevölkerung auf den Weg zu bringen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR brachte bereits Nothilfe-Kits für 60.000 Menschen - bestehend aus Decken, Schlafsäcken und Küchen-Utensilien - in den jemenitischen Rotmeer-Hafen Hodeida, wie die Organisation am Dienstag mitteilte. Die Hilfslieferungen würden aufgestockt, sobald die Waffenruhe Gestalt annimmt.
Nach UNHCR-Angaben wurden seit Beginn der Luftangriffe 300.000 Jemeniten zu Flüchtlingen im eigenen Land. Zu diesen kämen weitere 330.000 Menschen hinzu, die bei früheren Konflikten aus ihren Wohnorten flohen, sowie 250.000 Somalier, die eigentlich nach Europa wollten, aber nun im Jemen festsitzen.
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) setzen die Huthi-Rebellen im Bürgerkrieg verstärkt Kinder ein. In den vergangenen Monaten hätten die schiitischen Aufständischen immer mehr Minderjährige als Kämpfer, Späher oder Wachen rekrutiert, teilte die Organisation mit. Einige von ihnen seien getötet oder verwundet worden. Die Menschenrechtler forderten die Rebellen auf, den Einsatz von Kindern sofort zu stoppen. Er verstoße gegen internationales Recht.
dpa/dop