Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die EU vor einer Zerstörung der von libyschen Menschenschmugglern genutzten Boote gewarnt. Dies werde die Situation von Flüchtlingen in Libyen weiter verschärfen, stellt die Organisation in einem am Montag veröffentlichten Bericht fest.
«Wenn die EU ihre Pläne umsetzt, sitzen die Flüchtlinge vollends in der Falle», erklärte Selmin Caliskan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. «Da auch Ägypten und Tunesien beginnen, ihre Grenzen zu schließen, bleibt ihnen der gefährliche Weg über das Mittelmeer als einzige Chance, der zunehmenden Gewalt und Grausamkeit in Libyen zu entkommen.»
Der Bericht beschreibt Fälle von Entführung, Erpressung, Vergewaltigung und Folter durch Schmuggler und bewaffnete Banden auf dem Weg nach und durch Libyen ebenso wie die grausame Behandlung in den Flüchtlingslagern, in denen libysche Behörden Männer, Frauen und Kinder auf unbestimmte Zeit einsperren. «Die Zustände in Libyen hat die Staatengemeinschaft durch ihre Untätigkeit mitverschuldet», kritisiert Caliskan.
Amnesty fordert von der EU, eine gemeinsame Seenotrettung auf dem Mittelmeer einzurichten, deren Einsatzgebiet bis vor die libysche Küste reicht, und deutlich mehr Aufnahmeplätze für Flüchtlinge in der EU zu schaffen. Amnesty fordert aber auch die Nachbarländer Tunesien und Ägypten auf, ihre Grenzen für Flüchtlinge offen zu halten. Ohne sichere und legale Fluchtwege bleibe Tausenden Menschen nichts anderes übrig, als sich in die Hände skrupelloser Schlepper zu begeben.
Die EU-Kommission strebt angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen eine Quotenregelung für eine gerechtere Lastenverteilung unter den Mitgliedsstaaten an. Britischen Medienberichten zufolge will Kommissionspräsident Juncker am Mittwoch entsprechende Pläne vorstellen. Die Verteilung der Flüchtlinge soll demnach nach einem Schlüssel erfolgen, der auf dem Bruttoinlandsprodukt, der Bevölkerungszahl, der Arbeitslosenquote und der früheren Zahl von Asylbewerbern in den Mitgliedsländern beruht.
dpa/jp - Foto: Mahmud Turkia (afp)