Nach dem gewaltigen Himalaya-Erdbeben hat Nepal in den betroffenen Gebieten den Notstand ausgerufen. Kathmandu habe außerdem die internationale Gemeinschaft um humanitäre Hilfe gebeten, sagte Innenministeriumssprecher Laxmi Dhakal am Samstag in Kathmandu.
In Nepal ist mittlerweile von mehr als 1.000 Toten die Rede. Es wird befürchtet, dass die Opferzahlen weiter ansteigen. Hunderte Menschen wurden verletzt. Das Kabinett Nepals stellte nach offiziellen Angaben umgerechnet 4,5 Millionen Euro für die Rettungsmaßnahmen bereit.
Nach Angaben des Deutschen Geoforschungszentrums (GFZ) in Potsdam und der US-Erdbebenwarte hatte der Erdstoß am Samstag eine Stärke von 7,8. Es kam zu Nachbeben. Erste Hilfsmaßnahmen sind angelaufen.
Am schwersten betroffen war die 700.000 Einwohner zählende nepalesische Hauptstadt Kathmandu. Das Epizentrum des Bebens lag laut GFZ nur etwa 80 Kilometer entfernt, in etwa 18 Kilometern Tiefe.
Überall in der Stadt stürmten die Menschen auf die Straßen. Nach Augenzeugenberichten trauten sie sich stundenlang nicht in ihre Häuser zurück, weil Nachbeben den ganzen Nachmittag über die Erde weiter erzittern ließen. Vor allem alte Gebäude, Gemäuer und historische Tempel stürzten ein. Der Verkehr kam zum Erliegen, weil die Straßen aufrissen.
Mindestens zehn Tote am Mount Everest
Schwer getroffen ist auch die Bergregion rund um den Mount Everest. Unweit des Basislagers am höchsten Berg der Welt wurden mindestens zehn Menschen getötet, wie das Ministerium für Tourismus in Nepal mitteilte. Unter ihnen auch ausländische Touristen. Es wird befürchtet, dass noch weitere Menschen umkamen. Laut Beobachtern sei die Lawine an einer der gefährlichsten Stellen des Bergs zwischen dem Gletscherbruch Khumbu und dem Basislager herunter gegangen, wo die meisten Expeditionen Station machten.
Über die sozialen Netzwerke wie Twitter melden sich immer mehr Bergtouristen aus der Region Mount Everst zu Wort. Auch versuchen Angehörige Kontakt aufzunehmen. Die Lage am Basislager des Mount Everst sei demnach unübersichtlich. Teilweise brach Panik aus. Durch starke Schneefälle ist es momentan unmöglich Hubschrauber in die Region zu schicken.
Zurzeit befinden sich rund 700 ausländische Bergsteiger in der Region. Rund 300 sollen sich am Basislager aufhalten.
Andere Länder betroffen
Auch in Bangladesch, Pakistan und in Nordindien waren die Erdstöße zu spüren, so auch in der Hauptstadt Neu Delhi. In Indien stieg die Zahl der Toten auf nahezu 40, im chinesischen Tibet starben sechs Menschen und in Bangladesch eine Frau. 25 Textilarbeiterinnen wurden nach offiziellen Angaben außerdem verletzt, als sie aus ihrer Fabrik in Savar vor den Toren der Hauptstadt Dhaka flüchteten. Aus Pakistan wurden zunächst keine Toten gemeldet.
Der kulturell wichtige Durbar-Platz im Zentrum Kathmandus - ein Unesco-Weltkulturerbe - sei nicht mehr wiederzuerkennen, sagte der Autor Kashish Das Shrestha von vor Ort. Er twitterte Bilder, auf denen nur noch Holzhaufen zu sehen sind, wo einst historische Gebäude standen. Auch der neunstöckige Dharahara-Turm, der schon einmal durch ein Erdbeben beschädigt wurde, sei in sich zusammengestürzt.
"Wir haben uns schon so lange vor dem großen Beben gefürchtet", sagte Liz Satow, Nepal-Büroleiterin der Hilfsorganisation World Vision. Nun sei es eingetreten. Die Betroffene Pooja Lama sagte nach einem Telefonat in ihren nepalesischen Heimatort Ranipauwa, ihr Haus sei komplett zerstört. "Aber immerhin sind wir am Leben."
Ein Belgier unter den Opfern möglich
Nach Angaben des Außenministeriums könnte auch ein Belgier unter den Erdbebenopfern in Nepal sein. Das teilte das Außenminsiterium mit. Bestätigt wurde die Information nicht. Es sei sehr schwierig, mit den Menschen vor Ort zu kommunizieren, sagte der Sprecher des Außenministeriums Hendrik Van de Velde. Man versuche Kontakt mit dem belgischen Honorarkonsul in Kontakt zu treten. Erschwerend kommt hinzu, dass in Kathmandu der Strom ausgefallen ist.
Aktuell würden sich jedoch 60 Landsleute in dem Krisengebiet befinden, vor allem Bergtouristen. Das Mobilfunknetz in der Region ist zusammengebrochen. Feste Telefonleitungen funktionieren teilweise noch.
Das Ausmaß der Katastrophe ist immer noch nicht absehbar, da viele Gebiete abgelegen liegen oder von der Kommunikation abgeschnitten wurden. Nepals einziger internationaler Flughafen, der wegen der Nachbeben zwischenzeitlich geschlossen war, wurde am Nachmittag teilweise wieder geöffnet.
Nur langsam rollt die internationale Hilfe an. Indiens Luftwaffe schickte bereits ein Flugzeug mit Hilfsmitteln und medizinischem Personal. Russland kündigte an, etwa 50 Rettungskräfte sowie Technik in die Katastrophenregion zu schicken. Die Helfer seien startklar und hätten große Erfahrung in Erdbebengebieten, teilte das Zivilschutzministerium in Moskau mit. Kremlchef Wladimir Putin sprach seinem Amtskollegen sowie den Menschen in Nepal sein tiefes Mitgefühl aus.
Die internationale Hilfsorganisation Care schätzt, dass mindestens eine Million Menschen dringend auf Hilfe angewiesen sind.
ard/belga/dlf/dpa/rrtbf/spiegelonline/vrt/dop/rkr - Bild: Prakash Mathema (afp)
Das ist falsch: "Laut Beobachtern sei die Lawine an einer der gefährlichsten Stellen des Bergs zwischen dem Gletscherbruch Khumbu und dem Basislager herunter gegangen, wo die meisten Expeditionen Station machten."
Die Lawine, ausgelöst durch das Erdbeben kam von der anderen Seite des Tals, auch des Basislagers, und zwar vom Berg PUMORI oder LINGTREN runter. Ein Grossteil des unteren basislagers ist verwüstet, wie nach einem Tsunami.