Der Copilot der abgestürzten Germanwings-Maschine hat kurz vor der Katastrophe im Internet nach Informationen über Suizid und die Sicherheit von Cockpittüren gesucht. Das teilten die Ermittler am Donnerstag in Düsseldorf mit. Damit finden sich immer mehr Belege, dass Andreas Lubitz den Todesflug länger plante und den Airbus mit 150 Menschen an Bord gezielt in ein Bergmassiv der französischen Alpen steuerte.
Letzte Gewissheit, was am 24. März geschah, soll die Auswertung des zweiten Flugschreibers bringen, den Bergungskräfte nach Angaben der französischen Behörden am Unglücksort fanden. Politiker und die Luftfahrtbranche beraten derweil, ob die Sicherheitsmechanismen der Cockpittüren erneut geändert werden sollen.
"Der Browserverlauf war nicht gelöscht, insbesondere konnten die in der Zeit vom 16.3. bis zum 23.3.2015 mit diesem Gerät aufgerufenen Suchbegriffe nachvollzogen werden", teilte die Staatsanwaltschaft nach Auswertung eines Computers mit, der in der Düsseldorfer Wohnung des 27-Jährigen gefunden wurde.
Bereits seit kurz nach dem Absturz war bekannt, dass der Copilot des Flugs 4U9525 in seiner Ausbildung in der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa in Bremen eine Unterbrechung von mehreren Monaten hatte. Am Unglückstag war er krankgeschrieben.
Am Dienstag dieser Woche teilte Lufthansa dann mit, dass Lubitz die Schule schon 2009 im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Ausbildung in einer E-Mail über eine "abgeklungene schwere depressive Episode" informiert hatte. Germanwings ist eine Tochter der Lufthansa.
Am Donnerstag sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde in Düsseldorf, der Nutzer des Tablets habe sich "zum einen mit medizinischen Behandlungsmethoden befasst, zum anderen über Arten und Umsetzungsmöglichkeiten einer Selbsttötung informiert".
An mindestens einem Tag habe er sich darüber hinaus über mehrere Minuten mit Suchbegriffen über Cockpittüren und deren Sicherheitsvorkehrungen auseinandergesetzt. Welche Begriffe genau in Suchmaschinen eingegeben wurden, behielt die Behörde für sich. Weitere Ermittlungsergebnisse seien in den nächsten Tagen nicht zu erwarten.
Den Sprachrekorder der Maschine hatten Bergungskräfte noch am Unglückstag gefunden. Aus den Aufzeichnungen schloss die französische Staatsanwaltschaft bereits, dass der Copilot den Kollegen wohl aussperrte und die Maschine in die Katastrophe steuerte.
Staatsanwalt: Zweiter Flugschreiber vermutlich verwertbar
Die Daten des zweiten Flugschreibers der in den französischen Alpen abgestürzten Germanwings-Maschine können vermutlich ausgewertet werden. Der Zustand des Flugdatenschreibers lasse darauf hoffen, sagte der zuständige Staatsanwaltschaft Brice Robin am Donnerstag in Marseille. Der Flugschreiber sei am Nachmittag am Berg von einer Gendarmin entdeckt worden. Er sei verschüttet gewesen. Nach Angaben Robins wird der Flugschreiber zur französischen Untersuchungsbehörde BEA nach Paris gebracht. Dort war auch der erste Flugschreiber, der Voicerecorder, ausgewertet worden.
Die zweite Backbox könnte weiteren Aufschluss geben über die Abläufe im Airbus A320. Der Copilot wird verdächtigt, seinen Kollegen aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine mit Absicht in die Katastrophe gesteuert zu haben.
Die französischen Ermittler haben bei der Analyse der Leichenteile verschiedene DNA-Profile identifiziert. "Das bedeutet nicht, dass wir die 150 Opfer identifiziert haben", schränkte Robin ein. Die DNA-Profile müssten nun mit den Vergleichsproben abgeglichen werden, die von den Angehörigen der Toten zur Verfügung gestellt wurden. "Diese Arbeit wird schnell beginnen können, von Anfang kommender Woche an", sagte Robin. Er versprach, dass er jede Familie benachrichtigen werde, sobald eine Übereinstimmung vorliege.
Die Überreste der Opfer sollen erst an die Familien zurückgegeben werden, wenn alle identifiziert sind.
Expertengremium soll über Konsequenzen beraten
Fachleute der deutschen Luftfahrtbranche wollen über weitere Lehren aus dem Absturz beraten. Eine neue Arbeitsgruppe soll nach Ostern starten. Das kündigten der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt und der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch, an. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière brachte eine Ausweispflicht für Passagiere auch auf innereuropäischen Flügen ins Gespräch.
Die Expertengruppe soll unter anderem über mögliche Veränderungen der Regeln zur festen Verriegelung der Cockpittüren beraten. Geprüft werden sollen auch weitere medizinische und psychologische Checks, mit denen die Flugtauglichkeit von Piloten festgestellt wird. Als Reaktion auf den Absturz hatten die deutschen Fluggesellschaften bereits entschieden, dass immer zwei Personen im Cockpit sein sollen.
De Maizière schlug die Einführung einer generellen Ausweispflicht an Flughäfen vor. Die Airlines sollten auch bei Flügen innerhalb des Schengen-Raumes die Identität ihrer Passagiere überprüfen, sagte der Minister in Dresden. Sonst wüssten die Fluggesellschaften unter Umständen nicht, wer tatsächlich im Flugzeug sitze.
Bislang müssen Passagiere bei Flügen innerhalb des Schengen-Raumes nicht immer einen Ausweis vorzeigen, bevor sie eine Maschine besteigen. De Maizière hält das für ein Sicherheitsproblem. Hintergrund ist das Schengener Abkommen, dem sich bis auf wenige Ausnahmen alle EU-Staaten sowie einzelne andere Länder angeschlossen haben. Im Schengen-Raum gibt es keine systematischen Grenzkontrollen.
dpa/sd - Bild: Pascal Guyot (afp)