Der erste schwarze Präsident der USA, Barack Obama, sieht seit den historischen Protestmärschen von 1965 große Fortschritte bei der Gleichberechtigung für alle in der Nation. "Aber der Marsch ist noch nicht vorbei, das Rennen ist nicht gewonnen", sagte Obama am Samstag in Selma (US-Staat Alabama) bei einer Feier zum Gedenken an den "Blutigen Sonntag" vor 50 Jahren. Auch sein republikanischer Vorgänger George W. Bush nahm an der Veranstaltung teil.
Am 7. März 1965 hatten Polizisten einen geplanten Protestmarsch für die Rechte der schwarzen Bevölkerung von Selma nach Montgomery mit Knüppeln und Tränengas verhindert. Das brutale Vorgehen rüttelte die Nation auf und führte Monate später zu einem Wahlrechtsgesetz, in dessen Folge sich Millionen Schwarze erstmals als Wähler registrieren lassen konnten.
Obama sprach vor Zehntausenden Menschen vor dem Hintergrund zahlreicher Vorwürfe polizeilicher Diskriminierungen und exzessiver Gewaltanwendung gegen Schwarze, so in der Stadt Ferguson. Man brauche nicht den jüngsten kritischen Bericht des Justizministeriums über die Zustände in Ferguson zu lesen, um zu wissen, "dass die rassistische Geschichte dieser Nation weiter einen langen Schatten auf uns wirft", sagte Obama in seiner leidenschaftlichen Rede. Aber er wehre sich gegen Darstellungen, denen zufolge sich im Laufe der Zeit nicht viel geändert habe.
"Was in Ferguson geschehen ist, mag kein Einzelfall sein", erklärte Obama. "Aber es ist nicht mehr typisch oder sanktioniert von Gesetzen und Gewohnheit, wie es zweifellos vor der Bürgerrechtsbewegung der Fall war." In weiten Strecken der Rede richtete sich der Präsident an die junge Generation. Er rief sie auf, das Werk der Demonstranten von Selma fortzusetzen, und schloss dabei ausdrücklich auch den Kampf für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt und bei der Bildung ein. Und, so schrieb er allen Zuhörern angesichts der notorisch niedrigen Wahlbeteiligung in den USA ins Stammbuch: "Es gibt keine Entschuldigung, nicht wählen zu gehen."
Nach der Rede ging Obama mit seiner Familie, Bush und der Zuhörermenge über die Edmund-Pettus-Brücke von Selma. Dort waren damals die Demonstranten gewaltsam gestoppt worden.
Unterdessen haben tödliche Schüsse eines Polizisten auf einen jungen Schwarzen Proteste in der US-Stadt Madison (Wisconsin) ausgelöst. Ein Beamter habe den einer Körperverletzung verdächtigten 19-Jährigen in einer Wohnung gestellt und erschossen, nachdem er von ihm angegriffen worden sei, zitierte der Sender CNN den örtlichen Polizeichef Mike Koval. Medienberichten zufolge war der Afroamerikaner unbewaffnet.
dpa/sh - Bild: Saul Loeb (afp)