Fast 40 Jahre nach Beginn der Schreckensherrschaft der Roten Khmer in Kambodscha hat das Völkermordtribunal in Phnom Penh überraschend neue Anklagen erhoben. Ein amerikanischer Untersuchungsrichter klagte Ex-Marinekommandant Meas Muth und Im Chaem, die für brutale Säuberungen verantwortlich gemacht wird, am Dienstag unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Den beiden werden unter anderem Mord, politische Verfolgung Anderer und inhumane Akte vorgeworfen.
Es geht um Verbrechen während der Terrorherrschaft der Roten Khmer. Sie vertrieben nach jahrelangem Bürgerkrieg mit ihrem Einmarsch in der Hauptstadt Phnom Penh am 17. April 1975 eine pro-amerikanische Regierung. Die Ultramaoisten wollten einen Bauernstaat errichten. In ihrer Paranoia verdächtigten sie aber Hunderttausende als Feinde der Revolution. Ein Viertel der Bevölkerung, mehr als 1,7 Millionen Menschen, kam durch Hungersnöte, Folter und Exekutionen um.
Richter Mark Harmon provoziert mit der Anklage die Regierung. Sie hat sich weitere Anklagen verbeten. Der seit 30 Jahren amtierende Regierungschef Hun Sen war selbst Roter Khmer, wandte sich aber vor dem Einmarsch der Vietnamesen 1979 von dem Regime ab. Es müsse jetzt um Versöhnung zwischen einstigen Tätern und Opfern gehen, sagt er.
An dem Gericht treten Ankläger und Untersuchungsrichter normalerweise im Duo auf: je ein internationaler und ein kambodschanischer Vertreter. Der kambodschanische Untersuchungsrichter trug die neuen Anklagen aber nicht mit.
Das Tribunal hat die Nummer Zwei des damaligen Regimes, Pol-Pot-Stellvertreter Nuon Chea (88), Ex-Staatschef Khieu Samphan (83) und den Chef des berüchtigten Foltergefängnisses Tuol Sleng, Kaing Guek Eav (72), zu lebenslanger Haft verurteilt. Ex-Außenminister Ieng Sary starb während des Prozesses, die Anklage gegen dessen Frau und Ex-Sozialministerin Ieng Thirith wurde wegen Demenz ausgesetzt.
dpa - Bild: Tang Chhin Sothy (afp)