Um es vorweg klar zu stellen: das ist keine naive Athen-Gläubigkeit oder Tsipras-Hörigkeit. Und auch kein EU-Bashing. Sondern nur ein Erinnern an das, was war: Als Frankreichs Euro-Wegbereiter Dominique Strauss-Kahn kameratauglich auf die Euromünze biss (ausgerechnet er!), um zu zeigen, wie hart sie doch sei, und Theo Weigel unter buschigen Augenbrauen treuherzig hinzufügte, so vertrauenswürdig wie die DM, wussten doch alle Beteiligten, Juncker eingeschlossen, dass das Ganze auch Wunschdenken war. Inzwischen wissen wir es: Sie waren erschreckend blauäugig, es ist ja aktenkundig: "Der Euro wird die Griechen schon disziplinieren und moralisieren", so der fast protestantisch anmutende Glaube an die heilende Kraft des Geldes und des Erfolgs.
Natürlich stellte sich nichts davon ein. Hatte denn niemand von den Herren Anthony Quinn im Kino als Alexis Sorbas tanzen sehen, als sein Lastenzug zusammenbrach? Das war keine Idee von Hollywood gewesen, der griechische Autor Nikos Kasantzakis hatte den Roman geschrieben, der dem Film zugrunde liegt. Und haben sie nie als Rucksacktouristen in der Ägäis Inselhopping betrieben, als Griechenland noch arm, aber stolz war?
Mit ihren Freunden von Goldman Sachs hatten die Weigels und DSKs , aber auch Belgiens Didier Reynders Griechenland mit ins Euro-Boot geholt, wissend, dass die Zahlen nicht stimmten.
Wer ist nun schlimmer, der Verführer oder der Verführte? Der Dealer oder der Fixer?
Hinzu kam, dass es genug der Warner gab, die erklärt haben, dass das zu schlimmen Verwerfungen führen muss, unterbewertete Nord-Euros und überbewertete Süd-Euros. Dann tut es natürlich weh, wenn ein Giannis Varoufakis überall und jedem, der es hören will, und vor allem, jedem, der es nicht hören will, unter die Nase reibt, dass es die kleinen Leute in Griechenland sind, auf deren Kosten deutsche und französische Banken gerettet worden sind. (Zu dumm, mit der belgo-französischen Dexia war man dazu in Belgien nicht in der Lage.)
Peinlich nur, dass man Varoufakis nicht mit der Bemerkung abbürsten kann, davon verstehe er nichts. Zudem sitzt er an einem langen Hebel: Wenn es hart auf hart kommt, wäre die Finanzierungslücke für die Chinesen ein Klacks, zudem weiß Tsipras sehr gut, was China der Hafen von Piräus wert ist, den Russen übrigens auch. Die Euroländer sollten sich nicht zu sicher fühlen.
Hat die Europäische Union daraus zumindest gelernt? Man darf es bezweifeln: Nach Griechenland schielt man nun auf die Ukraine, die bereits jetzt einem gescheiterten Staat gleicht. Das sei polemisch? Mitnichten! Standen sie denn nicht als Stimmungsmacher auf dem Maidan, Guy Verhofstadt und Olli Rehn? Und nun komme man bitte nicht mit dem Totschlagargument des Putin-Verstehers. Das ist zu billig.
Gestartet war die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft als Friedensprojekt, jetzt mischt sich die Europäische Union ohne Not in die explosiven Nachwehen der Selbstauflösung der Ex-Sowjetunion ein. Man tue es, um die Unantastbarkeit der Grenzen zu schützen, und als Reaktion auf die russische Unterstützung der Sezessionisten. Schon vergessen, wie bereitwillig die EU-Staaten bei der Zerschlagung Jugoslawiens mitgemacht haben, und dass die Nato der UÇK-Soldateska im Kosovo die Luftwaffe stellte? ... und sich dort ein Protektorat schafften, um ein altes Wort aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu gebrauchen.
Einhundert Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs sind die neuen Bündnisse ein Spiel mit dem Feuer. In dieser Woche verlegte das Pentagon Kampfjets in die deutsche Eifel.
All das bringt die Griechenlandkrise einer Lösung nicht näher. Aber es tut Not, das mal zu sagen.
Danke Herr Schunk.
Wie wahr, Frederik!
Ein mutiger Kommentar Herr Schunck, Respekt!