Zwei Tage vor einem Krisen-Gipfel zur Ostukraine setzt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ihre Bemühungen zur Entschärfung des Konflikts fort. Bei einem Treffen mit Barack Obama am Montag in Washington will sie dem US-Präsidenten die deutsch-französische Friedensinitiative erklären. Vor ihrer Reise bekräftigte sie ihr striktes Nein zu Waffenlieferungen an die Regierung in Kiew, die vor allem Republikaner in den USA fordern. Laut US-Vizepräsident Joe Biden will auch seine Regierung keine militärische Lösung.
Am Montag kommen in Berlin zudem Spitzendiplomaten aus Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich zusammen, um den vor fünf Monaten in Minsk vereinbarten und bislang ignorierten Friedensplan zu überarbeiten. Ergebnisse sollen nicht bekanntgegeben werden.
Das Berliner Treffen bereitet den am Mittwoch geplanten Vierergipfel in der weißrussischen Hauptstadt vor, der die vielleicht letzte Chance für Frieden bietet. Merkel will dort mit Frankreichs Staatsoberhaupt François Hollande, Kremlchef Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko über eine Neufassung des Friedensplans sprechen. Am Sonntag hatte sich das Quartett in einer Telefonkonferenz beraten.
Über 5400 Tote
In der Krisenregion Donbass tobt seit zehn Monaten Krieg zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten. Mehr als 5400 Menschen starben, darunter viele Zivilisten. In den vergangenen Wochen eskalierten die Kämpfe. Dabei erzielten die Aufständischen, die nach Einschätzung des Westens massiv von Russland unterstützt werden, große Gebietsgewinne. Scheitern die Minsker Gespräche über einen neuen Friedensplan, drohen noch mehr Tote.
Das bisherige Abkommen sah unter anderem eine Feuerpause in den selbst ernannten "Volksrepubliken" Donezk und Lugansk sowie den Abzug schwerer Waffen von der Frontlinie vor. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sollte dies überwachen.
Ein Knackpunkt in den Verhandlungen ist die Waffenstillstandslinie. Poroschenko bestand auf dem im September in Minsk vereinbarten Verlauf - unter Missachtung der Geländegewinne der Aufständischen. Strittig ist auch der Status für das umkämpfte Gebiet Donezk-Lugansk. Die Bergbauregion ist für die Energieversorgung der Ukraine wichtig.
Putin: direkte Gespräche zwischen Ukraine und Separatisten
Zwei Tage vor einem Krisen-Gipfel zur Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin erneut direkte Verhandlungen zwischen der Regierung in Kiew und den Separatisten gefordert. Die ukrainische Führung müsse auf ihre Bevölkerung hören sowie eine Einigung mit allen politischen Kräften und Regionen des Landes finden, sagte Putin laut einer Mitteilung des russischen Präsidialamtes der ägyptischen Staatszeitung "Al-Ahram". Die wichtigste Voraussetzung für die Stabilisierung des Landes sei eine sofortige Feuerpause. Putin besucht ab Montag zwei Tage lang Ägypten.
Putin forderte demnach ein Ende des Militäreinsatzes im Osten der Ukraine. Bei diesem handele es sich in Wirklichkeit um eine "Strafaktion". Auch Kiews Versuche, wirtschaftlichen Druck auf die Donbass-Region auszuüben, müssten enden. Eine Aufforderung an die Aufständischen, das Feuer einzustellen, enthielt das Interview nicht.
Russland sieht sich nicht als Teil des blutigen Konflikts in der Ostukraine. Die Führung in Kiew wirft Moskau Waffenlieferungen an Separatisten vor. Russland weist dies zurück. Mehrere Versuche, den Konflikt diplomatisch zu lösen, waren zuletzt gescheitert.
Putin knüpft das Zustandekommen des Gipfels in Minsk daran, dass bis Mittwoch eine Reihe von Positionen angeglichen werden, wie er der Agentur Interfax zufolge sagte. Poroschenko ließ mitteilen, er erwarte, dass dort eine "sofortige und bedingungslose Waffenruhe" verkündet werde.
Begleitet von der Friedensinitiative kommen auch die Außenminister der EU-Staaten am Montag (10:00 Uhr) zusammen. Auf der Tagesordnung in Brüssel steht unter anderem die Verabschiedung einer neuen Liste mit Personen, gegen die EU-Einreiseverbote und Vermögenssperren erlassen werden sollen. Auf die Ausweitung dieser Sanktionen hatten sich die Minister vor den neuen Vermittlungsbemühungen geeinigt. Anlass waren die Kämpfe in der Ostukraine in den vergangenen Wochen.
dpa/sh - Bild: Christof Stache (afp)