Die Europäische Zentralbank hat den Druck auf die neue griechische Regierung massiv erhöht. Sie kippte eine Sonderregelung und erschwert damit den ohnehin angeschlagenen griechischen Banken den Zugang zu frischem Geld. Athen reagierte mit Empörung. Durch die EZB-Maßnahme erhält das Treffen des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis am Donnerstag mit seinem deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble (CDU) in Berlin besondere Brisanz.
Ab dem 11. Februar könnten griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit für EZB-Kredite genutzt werden, teilte die Europäische Zentralbank (EZB) am Mittwochabend mit. Dies ist ein schwerer Schlag für die griechischen Banken, die am Geldtropf der EZB hängen. Begründung der EZB: Es sei nicht sicher, dass die Überprüfung des griechischen Spar- und Reformprogramms erfolgreich abgeschlossen werde.
Ein Rettungsanker bleibt den Banken aber: Die Währungshüter stellten klar, dass die Geldhäuser weiter auf Notkredite der griechischen Zentralbank zurückgreifen können. Diese sind jedoch höher verzinst als Geld von der EZB und damit teurer.
Athen empört
Athen reagierte empört. Regierungssprecher Gavriil Sakellaridis sagte am Donnerstag im griechischen Fernsehen zum EZB-Beschluss: "Wir lassen uns nicht erpressen. Wir haben ein Mandat vom griechischen Volk erhalten." Er fügte hinzu, es gebe "keinen Grund zur Beunruhigung". Dem Vernehmen nach befürchtet Athen mögliche Panik-Reaktionen. In einer Erklärung des Finanzministeriums wird zugleich betont, Athen werde seine Politik fortsetzen, das harte Sparprogramm zu beenden.
An den Finanzmärkten sorgte der EZB-Entschluss für große Verunsicherung. Der Eurokurs rutschte nach Bekanntgabe unter 1,14 US-Dollar. Mit der bis dahin guten Stimmung war es auch an den Aktienmärkten vorbei, die Wall Street drehte ins Minus, auch die Börse in Tokio gab nach. US-Staatsanleihen, die als besonders sichere Anlage gelten, erhielten merklichen Zulauf.
Mit der Entscheidung beendet die EZB eine Sonderregelung für griechische Anleihen, die eigentlich auch bisher schon nicht als Sicherheit ausgereicht hätten. Die Notenbank begründete ihren Schritt damit, dass ein erfolgreicher Abschluss der Überprüfung Griechenlands derzeit nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden könne.
In einer Erklärung des Athener Finanzministeriums vom Donnerstagmorgen hieß es, die Entscheidung der EZB werde "keine negativen Entwicklungen" auslösen. Mit der Maßnahme übe die EZB lediglich Druck aus, damit Athen und seine Partner sich bald einigen, wie es mit der griechischen Schuldenproblematik weitergehen soll. Das Bankensystem Griechenlands sei durchfinanziert und durch die Möglichkeit von Notfallkrediten (ELA) gesichert.
Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr, hat der griechische Regierungschef Alexis Tsipras in der Nacht zum Donnerstag mit EZB-Chef Mario Draghi telefonisch gesprochen. Tsipras habe Draghi gesagt, Griechenland werde weiterhin nach einer Lösung des Problems mit den EU-Institutionen suchen. Das griechische Volk habe aber ihm bei den jüngsten Wahlen einen klaren Auftrag gegeben. Tsipras will das Sparprogramm beenden.
Der griechische Finanzminister Varoufakis war am Mittwoch bei seinem Werben für die neue Schulden- und Sparpolitik Athens auf Widerstand gestoßen. Nach einem Gespräch mit EZB-Chef Draghi verlautete aus Notenbankkreisen, die EZB lehne die bisherigen Vorschläge Athens im Kampf gegen dessen Schuldenlast ab.
Griechenlands neuer Regierung rennt die Zeit davon. Wenn Ende des Monats das EU-Hilfsprogramm ausläuft, können sich die Kassen des Landes und seiner Banken schnell leeren. Athen will das Sanierungsprogramm jedoch nicht verlängern. Die Eurogruppe wird vor diesem Hintergrund voraussichtlich am nächsten Mittwoch (11. Februar) zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammenkommen.
Neues griechisches Parlament vereidigt
Elf Tage nach der Wahl in Griechenland ist in Athen am Donnerstag das neue Parlament vereidigt worden. Die meisten linken Abgeordneten legten bei der Zeremonie keinen religiösen Eid ab. Das Linksbündnis Syriza (149 Sitze) des neuen Regierungschefs Alexis Tsipras kann sich zusammen mit der rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen (AN.EL., 13 Sitze) auf eine bequeme Mehrheit stützen. Beide Koalitionspartner halten im Parlament 162 der insgesamt 300 Mandate.
Die formelle Vertrauensabstimmung für die neue Regierung unter Tsipras soll am Montagabend (9. Februar) stattfinden. Das berichtete das staatliche griechische Fernsehen (NERIT). Zweitstärkste Kraft bei der Wahl am 25. Januar war die konservative Nea Dimokratia (ND), die mit 76 Abgeordneten im Parlament vertreten ist. Die rassistische und rechtsradikale Partei Goldene Morgenröte stellt 17 Abgeordnete. Ebenfalls 17 Sitze hat die proeuropäische Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss). Die Kommunisten sind mit 15, die Sozialisten mit 13 Abgeordneten vertreten.
Das Parlament in Athen will am Freitag sein Präsidium wählen. Als sichere neue Präsidentin gilt die Syriza-Abgeordnete Zoe Konstantopoulou. Fast alle Parteien haben angekündigt, die Kandidatur der 38 Jahre alten Juristin zu unterstützen.
dpa/vrt/est/jp - Illustrationsbild: Boris Roessler (epa)