Alexis Tsipras im Rampenlicht - und im Blitzlichtgewitter der Fotografen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nahm Alexis Tsipras nach einem doppelten Wangenkuss gleich mit einer symbolischen Geste "an die Hand" und sorgte für allgemeine Belustigung. Dann verschwanden Juncker und Tsipras im Labyrinth des Kommissionsgebäudes.
Beide hätten weitere Gespräche vereinbart, hieß es lapidar, zum Inhalt gab es keine Informationen. Ebenso wenig erfuhr man vom Treffen zwischen dem griechischen Ministerpräsidenten und dem EU-Ratsvorsitzenden Donald Tusk.
In solchen Fällen ist auf den redseligen Parlamentspräsidenten Martin Schulz Verlass. Der stellte sich mit dem Gast aus Athen den vorwitzigen Pressemikrofonen. Jetzt waren es nicht mehr nur die Gesten, sondern auch die Worte, die der Goldwaage standhalten mussten. Und dem geneigten Zuhörer ist da wohl nicht entgangen, dass Tsipras gleich mehrmals von "unserer gemeinsamen Zukunft" sprach.
Exit Grexit also. Die neue Regierung in Athen scheint es nicht per se auf Konfrontation anzulegen. Das gab Alexis Tsipras aber auch noch ausdrücklicher zu Protokoll: "Wir wollen den derzeitigen Rahmen nur korrigieren, ihn jedenfalls nicht zerdeppern", sagte Tsipras. "Wir sind überzeugt, dass es möglich ist, im bestehenden Rahmen Lösungen zu finden, die im Interesse aller Beteiligten sind."
"Wir sind absolut verhandlungsbereit", so der neue griechische Ministerpräsident. "Wir haben dabei zwei Ziele vor Augen: Zum einen müssen wir dem Mandat gerecht werden, das das griechische Volk der Regierung gegeben hat. Zugleich respektieren wir aber auch die gemeinsamen Regeln der Europäischen Union."
Vorhandene Kompromissbereitschaft wurde auch von Parlamentspräsident Martin Schulz bestätigt. Hier stehe ein Ministerpräsident für europäische Zusammenarbeit ein, nicht für die Spaltung. Alexis Tsipras stelle sich so auf, dass ein Dialog möglich ist. Und Dialog sei die Grundbedingung für Kompromisse und konstruktive Lösungen, so Schulz. In den vergangenen Jahren hätten nur die kleinen Bürger in Griechenland die Zeche gezahlt. Jetzt sei es an der Zeit, dass auch diejenigen zur Lösung beitragen, die Geld haben bzw. Geld außer Landes geschafft haben, meinte Schulz.
Doch was will Alexis Tsipras? Was schwebt seiner Regierung vor? Wo genau will man nachverhandeln? Antworten auf diese Fragen gab es auch diesmal nicht. Nur so viel: Er sei nach seinen Brüsseler Unterredungen sehr optimistisch. "Wir haben zwar noch keine Lösung, aber wir sind auf einem guten Weg, eine brauchbare Vereinbarung zu finden."
Bild: Thierry Roge/BELGA
Jede weiteren technokratischen Entscheidungen werden Europa weiter spalten.
Wer bis heute nicht begriffen hat, dass die Zwangshaft eines Staates unter troikianischer Obhut ein politischer „faut-pas“ darstellt, hat keine Ahnung von Marketing.