Trotz scharfer Kritik aus Moskau setzt die prowestliche Regierung in Kiew die umstrittene Aufrüstung des Militärs fort. Präsident Petro Poroschenko kündigte am Freitag eine Truppenverstärkung im Krisengebiet Ostukraine an. "In den vergangenen vier Monaten ist die ukrainische Armee bedeutend gestärkt worden", sagte er. Ab kommender Woche sollen zudem bei einer Teilmobilmachung zusätzliche 50.000 Ukrainer bewaffnet werden.
Kiews Pläne "verletzen Geist und Buchstaben der Minsker Vereinbarungen", kritisierte der russische Außenminister Sergej Lawrow. "Hoffen wir, dass diese Vorbereitungen nicht zu einem erneuten Abgleiten in einen bewaffneten Konflikt führen."
In der weißrussischen Hauptstadt Minsk war für diesen Freitag ein Treffen der Kontaktgruppe geplant. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erwartete eine Bestätigung der Teilnehmer, zu denen auch die Ukraine und Russland gehören. Vertreter der prorussischen Separatisten reisten nach Minsk.
Lawrow sagte, er zähle auf Fortschritte bei Verhandlungen der Kontaktgruppe in Minsk. Ein möglicher Krisengipfel mit Kremlchef Wladimir Putin, Kanzlerin Angela Merkel, Poroschenko und dem französischen Präsidenten François Hollande hänge von der Einhaltung der Waffenruhe ab. Ein solches Treffen war ursprünglich für den vergangenen Donnerstag in Kasachstan geplant gewesen.
Vor allem am geschlossenen Flughafen der Separatistenhochburg Donezk blieb die Lage gespannt. Die Aufständischen brachten das seit Mai umkämpfte Gelände nach eigener Darstellung komplett unter ihre Kontrolle. Das ukrainische Militär dementierte dies.
Die OSZE beklagte nach einem Besuch des völlig zerstörten Flughafens am Donnerstag, dass bei den Gefechten Zivilisten in die Schusslinie geraten würden, und forderte ein Ende der Kämpfe. Der Abzug der ukrainischen Soldaten vom Flughafen gilt als entscheidender Punkt für einen Fortschritt bei den Friedensverhandlungen.
Obama spricht mit Merkel über Ukraine
US-Präsident Barack Obama hat sich in einem Telefonat mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel über die Finanzhilfen für die krisengeschüttelte Ukraine ausgetauscht. Beide hätten ihre Unterstützung für ein "robustes Paket internationaler Finanzierung" ausgedrückt, teilte das Weiße Haus nach dem Gespräch am Donnerstag mit. Obama und Merkel seien gleichermaßen besorgt über die zunehmende Gewalt durch Separatisten in der Ostukraine.
Die USA wollen der Ex-Sowjetrepublik dieses Jahr mit Kredithilfen von bis zu zwei Milliarden US-Dollar (1,69 Milliarden Euro) unter die Arme greifen. Die EU hat dem Land Zahlungsbilanzhilfen in Höhe von insgesamt 1,6 Milliarden Euro versprochen. Ein Großteil des Geldes ist bereits überwiesen. Zudem gibt es unter anderem ein Programm des Internationalen Währungsfonds (IWF) über rund 17 Milliarden Dollar (rund 13,6 Milliarden Euro).
Barack Obama und Angela Merkel haben sich auch besorgt gezeigt über die zunehmende Gewalt im Osten der Ukraine. Beide forderten in einem Telefonat, dass das Abkommen von Minsk vollständig umgesetzt werden muss. In Minsk war im November eine Waffenruhe vereinbart worden. In den letzten Wochen hatte es trotzdem im Osten der Ukraine immer wieder Zwischenfälle mit mehreren Toten gegeben.
dpa/jp