Völlig überraschend hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Donnerstag die Kopplung des Franken an den Euro aufgehoben und damit Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst. Seit mehr als drei Jahren galt ein Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro, der eine zu starke Aufwertung verhindern sollte, um Schweizer Exporte zu schützen. Nach der Entscheidung der Notenbanker brach in der Schweiz der Aktienmarkt ein, der Franken wertete zu Euro und Dollar massiv auf.
Auch die anderen europäischen Aktienmärkte gerieten in Turbulenzen, fingen sich letztlich aber wieder. Der Euro fiel zwischenzeitlich auf 1,1575 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit November 2003. Analysten fanden drastische Worte, sie sprachen von einem "Schocker", gar von einer "Kapitulation" der Notenbank. Der Schweizer Franken gilt auf den globalen Währungsmärkten als wichtiger Stabilitätsanker und sichere Geldanlage in Krisenzeiten.
Seit 2011 hat die SNB die exportlastige Wirtschaft des Landes vor den Folgen eines zu starken Franken geschützt. Durch den hohen Franken verteuerten sich die Ausfuhren Schweizer Unternehmen auf dem hart umkämpfen Weltmarkt.
Der Franken bleibe zwar hoch bewertet, aber die Überbewertung habe sich seit Einführung des Mindestkurses insgesamt reduziert, erklärte die Nationalbank. "Die Wirtschaft konnte diese Phase nutzen, um sich auf die neue Situation einzustellen", so die Währungshüter.
Hintergrund ist den Angaben zufolge auch die unterschiedliche Entwicklung der Geldpolitik im Euroraum und den USA. Während in den USA die erste Zinserhöhung seit der Finanzkrise ansteht, dürfte die Europäische Zentralbank am 22. Januar mit breit angelegten Anleihekäufen eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik beschließen. Das kann den Euro schwächen. Die SNB müsste dann noch mehr Euro kaufen, um das Mindestziel zu verteidigen.
Ökonom Christian Schulz vom Bankhaus Berenberg sieht daher eine Kapitulation vor den geplanten gewaltigen Anleihenkäufen der EZB: "Die SNB ist nicht gewillt, der EZB Paroli zu bieten, um den Wechselkurs zu verteidigen." Mit anderen Worten: Die Eurokäufe würden zu teuer für die Schweizer Notenbank.
Zugleich senkte die Notenbank ihre Leitzinsen. Mit der Zinssenkung wolle die SNB die Aufwertung des Franken eingrenzen, die durch die Aufgabe des Wechselkursziels ausgelöst werde, sagte Wortberg. Der Zins für Bankeinlagen bei der SNB fällt um 0,5 Prozentpunkte auf minus 0,75 Prozent.
Die Notenbank will aber auch künftig am Devisenmarkt intervenieren, allerdings nur bei Bedarf. Nach der Kehrtwende geriet der Euro sofort stark unter Druck und sank unter die Parität zum Franken. Zeitweise fiel er auf das Rekordtief von 0,8517 Franken. Zuletzt erholte sich der Euro etwas und wurde mit 1,0430 Franken gehandelt.
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