Auf die Verkaufsstellen des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" hat es am Mittwoch einen riesigen Ansturm gegeben. An etlichen Zeitungskiosken in Paris und anderen Städten des Landes war die erste Ausgabe des Blattes seit dem Attentat auf die Redaktion innerhalb kürzester Zeit vergriffen. Viele Stammkunden hätten sich schon im Vorfeld Exemplare reserviert, berichteten Verkäufer nach dem Verkaufsstart in den frühen Morgenstunden.
In der jüngsten Ausgabe des Magazins machen sich die noch lebenden Macher von "Charlie Hebdo" unter anderem über die islamistischen Terroristen lustig, die am vergangenen Mittwoch bei einem Angriff auf die Reaktion zwölf Menschen erschossen hatten. In Karikaturen werden sie als geistig minderbemittelte Idioten der Lächerlichkeit preisgegeben.
In einer Zeichnung wird beispielsweise darauf angespielt, dass einer der Attentäter bei einem Entsorgungsbetrieb arbeitete. In der Karikatur steht der Abfallsortierer ratlos vor zwei Mülltonnen, von denen eine die Aufschrift "Gut" und die andere die Aufschrift "Böse" trägt. "Das ist zu kompliziert", steht dazu in der Sprechblase. In einer anderen Karikatur fragen die von der Polizei getöteten Attentäter im Himmel nach Jungfrauen, die sie von Gott als Belohnung für ihren Terrorangriff erwarten. Die seien alle beim Team von Charlie, wird ihnen aus einer Wolke zugerufen, in der eine wilde Party steigt.
Achtseitige Sonderausgabe
Die achtseitige Sonderausgabe erscheint in 16 Sprachen und einer Auflage von drei Millionen Exemplaren, normalerweise liegt die Auflage bei rund 60.000. Der Titel zeigt den Propheten Mohammed mit einem Schild in Händen, auf dem steht: "Je suis Charlie." In Belgien wird das Magazin erst am Donnerstag verkauft. Die 30.000 Exemplare sollen zunächst in den Zeitschriftenläden angeboten werden, die das Blatt auch bisher verkauft haben.
Frankreich hatte zuvor der drei bei der Terrorwelle der vergangenen Woche getöteten Polizisten gedacht, in Israel wurden die vier jüdischen Opfer zu Grabe getragen. Zwei Attentäter hatten vergangenen Mittwoch die Redaktion des Magazins gestürmt und zwölf Menschen erschossen. Der Anschlag war der Auftakt einer fast dreitägigen Terrorwelle im Großraum Paris, bei der fünf weitere Menschen starben.
Das vorab veröffentlichte Titelbild der "Charlie-Hebdo"-Ausgabe zeigt erneut eine Mohammed-Karikatur. Über der Zeichnung steht "Tout est pardonné" (Alles ist vergeben). Nach den Glaubensvorstellungen von Muslimen sollen weder Gott noch Mohammed bildlich dargestellt werden. Frühere, zum Teil sehr derbe Mohammed-Karikaturen von "Charlie Hebdo" gelten als Hintergrund des Terrorangriffs auf die Redaktion. Bei ihm starb auch Redaktionsleiter Stéphane Charbonnier (47) alias Charb.
Ägyptische Islamgelehrte reagierten mit scharfer Kritik auf die angekündigte neue Ausgabe. Diese "ungerechtfertigte Provokation von 1,5 Milliarden Muslimen weltweit" werde eine neue Welle des Hasses auslösen, erklärte die wichtige religiöse Einrichtung Dar al-Ifta in Kairo. Die Terrorgruppe Al-Kaida im Islamischen Maghreb (AQMI) hatte zuletzt im Internet mit weiteren Angriffen auf Frankreich gedroht.
Al-Kaida bekennt sich zu Anschlag
Der jemenitische Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida hat sich zu dem Anschlag auf die französische Satirezeitung "Charlie Hebdo" bekannt. In einem Video, das am Mittwochmorgen im Internet erschienen ist, spricht Al-Kaida-Anführer Nasser Ben Ali al-Anassi von "Helden", die rekrutiert worden seien und gehandelt hätten. Den Anschlag auf die "Charlie Hebdo"-Redaktion bezeichnet er als "Rache" für die Beleidigung des Propheten Mohammed.
belga/dpa/vrt/jp - Bild: Philippe Huguen (afp)