Frankreich trauert nach einer beispiellosen Serie von Terroranschlägen und Geiselnahmen. Seit Mittwoch starben im Großraum Paris 17 Menschen und drei mutmaßliche islamistische Terroristen. Präsident François Hollande sprach im Fernsehen von einer "Tragödie für die Nation".
Spezialeinheiten der Polizei erschossen am Freitag die Brüder Chérif und Kouachi , die hinter dem Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" mit zwölf Toten stecken sollen.
Fast zeitgleich beendeten sie eine Geiselnahme. Dieser Attentäter soll bei einem Überfall auf ein jüdisches Lebensmittelgeschäft im Osten der Hauptstadt vier Geiseln getötet haben. Tags zuvor soll er eine Polizistin erschossen haben.
Solidaritätsmarsch
Das schockierte und tief getroffene Land sucht in dieser äußerst schwierigen Lage Geschlossenheit und den Schulterschluss mit europäischen Partnern. Zu einem Solidaritätsmarsch für die Opfer des Anschlags auf "Charlie Hebdo" wollen am Sonntag zahlreiche europäische Regierungschefs in die französische Hauptstadt reisen. Von der EU kommen Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Ratspräsident Donald Tusk und die Außenbeauftragte Federica Mogherini.
Auch Premier Charles Michel, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Großbritanniens Premier David Cameron, Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy und sein italienischer Kollege Matteo Renzi sagten ihre Teilnahme zu.
Vier Geisel getötet
Beim Überfall auf die Redaktion von "Charlie-Hebdo" waren am Mittwoch zwölf Menschen ums Leben gekommen. Die beiden Brüder Chérif (32) und Said Kouachi (34), denen der Anschlag zur Last gelegt wird, starben am Freitag in Dammartin-en-Goële etwa 40 Kilometer nordöstlich von Paris im Kugelhagel der Polizei. Zuvor hatten die beiden bis an die Zähne bewaffneten Männer das Feuer auf die Beamten eröffnet.
Fast zeitgleich schlugen Spezialeinheiten im Osten von Paris gegen einen weiteren als Islamisten bekannten Geiselnehmer zu, der dabei starb. Er soll laut Staatsanwaltschaft vier Geiseln getötet haben. "Keine Geisel wurde während des Polizeieinsatzes getötet", resümierte der Staatsanwalt von Paris, François Molins. Vier Menschen erlitten Verletzungen.
Die Freundin des getöteten Geiselnehmers Amedy Coulibaly (32) ist flüchtig. Sie soll in die Schießerei mit einer Polizistin am Donnerstag im Süden von Paris verwickelt gewesen sein. Coulibaly wird vorgeworfen, die Polizistin getötet zu haben. Die drei Attentäter stimmten sich nach einem Bericht des französischen Fernsehsenders BFM TV bei ihren Taten eng ab.
Französische Ermittler suchen nach weiteren möglichen Hintermännern der Attentäter. Fünf Personen seien in Polizeigewahrsam, sagte Molins. Die Fahnder wollen herausfinden, woher die Waffen der Terroristen stammten und ob die Männer Anweisungen erhielten, "aus Frankreich, dem Ausland oder dem Jemen", wie der Staatsanwalt sagte.
Angestellter der Druckerei versteckt
Molins bestätigte, dass sich beim Überfall der beiden "Charlie Hebdo"-Attentäter auf die Druckerei ein Angestellter verstecken konnte. Der Mann habe sich im zweiten Stock des Gebäudes in einer Kantine unter einem Spülbecken verborgen. Nach Medienberichten informierte der Mann die Polizei. Die Attentäter nahmen laut Molins zunächst den Geschäftsführer der Druckerei als Geisel, ließen ihn dann aber frei.
Al-Kaida-Ableger droht Frankreich mit weiteren Anschlägen
Unterdessen drohte die Terrorgruppe Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) Frankreich mit weiteren Anschlägen. Es werde neue Angriffe geben, sollte das Land nicht damit aufhören, den Islam, seine Symbole und die Muslime zu bekämpfen, schrieb die Dschihad-Beobachtungsplattform Site. Sie berief sich auf eine per Video verbreitete Rede von Harith bin Ghasi al-Nadhari, einer der wichtigsten Glaubenshüter der Gruppe.
Die US-Regierung rief ihre Bürger in aller Welt nach den Anschlägen in Frankreich zu erhöhter Vorsicht auf. "Jüngste Terrorattacken, seien sie von jenen mit Verbindungen zu Terrororganisationen, von Nachahmern oder einzelnen Tätern, sind eine Erinnerung daran, dass US-Bürger ein hohes Maß an Wachsamkeit aufrechterhalten müssen", hieß es in einer Mitteilung des US-Außenministeriums.
Von Christian Böhmer, dpa - Bild: Matthieu Alexandre/AFP