Die französische Polizei ist bei der Suche nach den beiden islamistischen Terroristen in der Nacht nicht vorangekommen. Am späten Donnerstagabend brachen die Sicherheitskräfte eine Suchaktion in einem Waldstück in Nordfrankreich, etwa 80 Kilometer von Paris entfernt, ergebnislos ab.
Wie mehrere französische Medien berichteten, blieben einige Polizeieinheiten aber in der Region. Sie kontrollierten weiter Straßen und Häuser. Auch Hubschrauber waren im Einsatz. Die verdächtigen Brüder Chérif (32) und Said Kouachi (34) blieben aber knapp 40 Stunden nach der blutigen Terrorattacke auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" mit zwölf Toten unauffindbar.
Die Regierung hatte landesweit 88.000 Einsatzkräfte mobilisiert, um die mit Kalaschnikow und Panzerfaust bewaffneten Attentäter zu fassen und weitere Terrorakte zu verhindern. Für Freitagmorgen (8.30 Uhr) hat Präsident François Hollande sein Krisenkabinett erneut zu einer Sondersitzung einberufen.
Terrortraining bei Al-Kaida
Unterdessen wurde Neues über den Hintergrund der Terrorverdächtigen bekannt. Einer der beiden soll zum Terrortraining im Jemen gewesen sein, wie der Fernsehsender CNN und die "New York Times" berichteten. Die US-Zeitung schrieb unter Berufung auf einen US-Regierungsvertreter, Said Kouachi habe 2011 einige Monate bei einer örtlichen Al-Kaida-Einheit den bewaffneten Kampf trainiert. Dies sei auch auf den Videos von der Attacke auf "Charlie Hebdo" erkennbar. Bei dem Angriff sollen die Attentäter angeblich gesagt haben, sie seien von Al-Kaida. Manche Augenzeugen erklärten, die Männer hätten gerufen, sie seien von Al-Kaida im Jemen.
Zugleich hieß es, auch die USA hätten die beiden Attentäter im Visier gehabt. So hätten die beiden terrorverdächtigen Franzosen unter anderen auf einer No-Fly-Liste gestanden, was ihnen Flüge in die USA untersagte. US-Geheimdienste versuchten derzeit herauszufinden, ob der Al-Kaida-Ableger im Jemen den Anschlag in Paris befohlen hat. Bisher gebe es aber keine Hinweise darauf.
Weitere Anschläge geplant
Nach dem Fund von Molotow-Cocktails und einer Islamistenflagge in einem Fluchtauto in Paris gehen die französischen Ermittler davon aus, dass das Duo weitere Anschläge geplant hatte. Die Polizei nahm neun Personen aus dem Umfeld der Terroristen in Gewahrsam, wie Innenminister Bernard Cazeneuve am Donnerstagabend bekanntgab. Am Sonntag wollen sich führende Politiker der EU und USA zu Anti-Terror-Gesprächen in Paris treffen.
Die Polizei soll nach Medienberichten in Nordfrankreich das Fluchtauto der mutmaßlichen Attentäter gefunden haben. Laut "Le Monde" bestätigte die Polizei dies jedoch nicht. Nach Informationen der Zeitung hatten am Morgen gegen 09.30 Uhr zwei Männer eine Tankstelle bei Villers-Cotterêt überfallen. Es sollen nach Darstellung des Besitzers die Attentäter gewesen sein. Seitdem gebe es aber keinen Hinweis darauf, wo sich die Brüder Kouachi befinden.
Houellebecq will Buch "Soumission" nicht mehr bewerben
Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq will seinen islamkritischen Roman "Soumission" (Unterwerfung) zunächst nicht mehr bewerben. Der Autor sei tief betroffen vom Tod seines Freundes Bernard Maris, der bei dem Mordanschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" getötet wurde, sagte Houellebecqs Agent. Nach Informationen des Nachrichtensenders France Info will der Schriftsteller Paris in Richtung eines geheim gehaltenen Orts verlassen.
Der Anschlag wurde am Tag des Erscheinens des Buches verübt. Houellebecq beschreibt darin das Leben in Frankreich unter einem muslimischen Präsidenten. Die Ausgabe von "Charlie Hebdo" vom Mittwoch hatte eine Karikatur über den Autor auf der Seite eins.
Neues Houellebecq-Buch: Angstvision eines islamischen Frankreichs
dpa/sh/km - Bild: Erika Santelices/AFP