Der neue Völkermord-Prozess gegen den früheren guatemaltekischen Machthaber Efraín Ríos Montt ist bereits am ersten Tag ins Stocken geraten. Das Gericht gab am Montag dem Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen die Vorsitzende Richterin Jeaneth Valdez statt. Bis ein Nachfolger bestellt wird, ruht das Verfahren. Prozessbeobachter und Opfervertreter zeigten sich enttäuscht. Ríos Montt war wegen seiner angeschlagenen Gesundheit auf einer Krankenliege in den Gerichtssaal gebracht worden.
Seine Anwälte argumentierten, Valdez sei nicht unabhängig, weil sie ihre Doktorarbeit über Völkermord geschrieben habe. In Guatemala ist umstritten, ob es sich bei den Gräueltaten während des Bürgerkriegs um einen Genozid an der indigenen Bevölkerung handelte. In dem internen Konflikt von 1960 bis 1996 gab es mindestens 200.000 Tote.
Ríos Montt war im Mai 2013 wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 80 Jahren Haft verurteilt worden. Er soll während seiner Herrschaft von März 1982 bis August 1983 für Mord, Folter und die Zwangsumsiedlung Tausender Indios verantwortlich gewesen sein. Konkret wird ihm der Mord an 1771 Indios der Volksgruppe Ixil vorgeworfen.
Menschenrechtsaktivisten und Juristen werteten das Urteil damals als historisch: Nie zuvor war ein de facto Staatschef von einem einheimischen Gericht wegen Völkermordes verurteilt worden. Aufgrund von Verfahrensfehlern wurde der Schuldspruch wenige Tage später allerdings wieder aufgehoben.
Prozessbeobachter zeigten sich schockiert über die Suspendierung der Verhandlung. "Die Verteidigung von Ríos Montt weiß, dass sie wieder verlieren wird. Deshalb konzentriert sie sich auf technische Verfahrensdetails", sagte die Politik-Professorin Jo-Marie Burt der Deutschen Presse-Agentur. Dutzende Indios forderten im Gerichtssaal eine zügige Verurteilung des Angeklagten. Unter den Demonstranten war auch die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú, die im Bürgerkrieg mehrere Angehörige verloren hatte.
dpa - Bild: Orlando Estrada (afp)