Tunesiens neuer Präsident Béji Caïd Essebsi hat den ehemaligen Innenminister Habib Essid mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Das meldete die offizielle Nachrichtenagentur TAP am Montag. Zuvor hatte die Nidaa Tounes - die stärkste Partei im neuen Parlament - die Nominierung des einst hochrangigen Funktionärs des 2011 gestürzten Langzeitmachthabers Zine el Abidine Ben Ali zum Regierungschef bekanntgegeben.
Der 65-jährige Essid war in den 1990er Jahren bis 2001 zunächst Stabschef im Agrar- und später im berüchtigten Innenministerium. Als Staatssekretär war er anschließend bis 2003 wieder im Agrarministerium tätig. Nach der Jasminrevolution 2011 wurde er für einige Monate Innenminister - unter dem damaligen Regierungschef Essebsi. Die neue Regierung soll innerhalb eines Monats gebildet und anschließend vom Parlament bestätigt werden.
Die von Essebsi 2012 gegründete säkulare Allianz Nidaa Tounes ("Ruf Tunesiens") war aus der Parlamentswahl im Oktober als stärkste Kraft hervorgegangen und errang 86 der 217 Parlamentssitze. Die islamistische Ennahda kam auf 69 Mandate. Essid stammt nicht aus der Nidaa Tounes. Der 88-Jährige Essebsi trat wegen seiner Präsidentschaft aus der Partei aus.
Kritiker haben nach der Wahl Essebsis die Befürchtung geäußert, dass Vertreter des alten Regimes in der neuen Führung des Landes wieder mehr Macht bekommen könnten. Politikveteran Essebsi war bereits im Kabinett von Staatsgründer Habib Bourguiba tätig. Er und seine Partei punkteten im Wahlkampf insbesondere mit dem Thema innere Sicherheit. In dem nordafrikanischen Land gibt es immer wieder Kämpfe zwischen Dschihadisten und den Sicherheitskräften. Die größte Herausforderung der neuen Regierung ist es aber, Tunesiens Wirtschaft aus der Krise zu führen.
Im Dezember 2010 hatten in Tunesien die Proteste gegen Machthaber Ben Ali begonnen die schließlich zu dessen Flucht ins saudische Exil führten. Daraufhin begannen die Aufstände des Arabischen Frühlings in Ägypten, Libyen, Jemen, Syrien und Bahrain. Trotz mehrerer politischer Krisen haben die Tunesier bisher als einzige den Übergang zur Demokratie geschafft.
dpa/jp - Bild: Fethi Belaid (afp)