Eine Woche nach dem Brand auf der Adriafähre "Norman Atlantic" werden die Erkundung des Wracks und die Suche nach Vermissten weiter durch Hitze und Rauch gebremst. "Nur ein kleiner Teil des Laderaums und des Decks, auf dem die Fahrzeuge platziert waren, ist zugänglich", sagte Staatsanwalt Ettore Cardinali. Untersuchungen mit einer Wärmebildkamera ergaben der Nachrichtenagentur Ansa zufolge, dass die Temperatur in dem Wrack an einigen Stellen bis zu 180 Grad beträgt. Am Sonntag setzten Ermittler, Experten und Feuerwehrleute dennoch die Untersuchung des Wracks im Hafen der südostitalienischen Stadt Brindisi fort.
Die Suche nach möglichen weiteren Opfern der Schiffskatastrophe blieb jedoch zunächst ergebnislos. "Wir haben in den bislang untersuchten Bereichen keine Leichen gefunden. Wir wünschen uns, dass es so weitergeht", sagte Cardinali am Samstag. Auf der Adriafähre war am vergangenen Sonntag auf der Reise von Patras in Griechenland nach Ancona in Italien ein Feuer ausgebrochen. Insgesamt kamen mindestens 13 Menschen ums Leben, darunter zwei Einsatzkräfte.
Auch Einsatzkräfte der Feuerwehr waren am Wochenende auf dem Schiff, um gegen immer noch lodernde Brände anzukämpfen und die Bedingungen für mögliche weitere Untersuchungen und Sucheinsätze zu bewerten. Auch in der Nacht zum Samstag waren neue Brandherde auf der "Norman Atlantic" gemeldet worden, aus dem Schiff drang noch immer Rauch.
Über die genaue Zahl der Vermissten nach dem Unglück herrscht weiter Unklarheit. Mögliche blinde Passagiere und unstimmige Listen von Reisenden erschweren die Arbeit der Behörden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass nach dem Feuer noch maximal 10 bis 15 Menschen vermisst werden. Gerettet wurden nach Angaben aus Italien 477 Menschen.
Erkenntnisse zur Ursache des Unglücks erhoffen sich die Ermittler auch vom Fahrtenschreiber der Fähre, der Freitag geborgen wurde. Auch die Obduktion der bislang geborgenen Opfer könnte Hinweise zum Hergang der Katastrophe liefern. Nach Ansicht von Giovanni De Tullio von der Hafenkapitanerie Bari könnte Panik an Bord dazu beigetragen haben, dass die Organisation auf dem Schiff nicht funktionierte.
Kapitän Argilio Giacomazzi ist sich nach dem Unglück auf der Fähre keiner Schuld bewusst. "Ich habe ein ruhiges Gewissen", sagte er der Zeitung "Secolo XIX" (Sonntag). "Es tut mir leid um die Personen, die ich nicht retten konnte, aber ich weiß auch, dass ich alles getan habe, was ich konnte."
Schlepper hatten das Wrack am Freitag nach Brindisi gebracht. Italienische Medien berichteten am Sonntag, die Behörden überlegten, das Schiff in das etwa 100 Kilometer nördlich gelegene Bari zu bringen, von wo die Ermittlungen geleitet werden.
dpa/jp - Bild: Marina Militare (afp)