Bei dem bislang blutigsten Angriff der pakistanischen Taliban starben am Dienstag mindestens 141 Menschen, unter ihnen 132 Schulkinder. Pakistans Regierungschef Nawaz Sharif sprach von einer "nationalen Tragödie" und berief für Mittwoch eine Konferenz aller Parteien ein.
Die Extremisten hatten nach Angaben von Militärsprecher Asim Saleem Bajwa bei dem Überfall nur ein Ziel: "Unschuldige Kinder zu töten". "Sie wollten überhaupt keine Geiseln nehmen", wurde der General in der Nacht zum Mittwoch von den pakistanischen Medien zitiert. Die insgesamt sieben Angreifer seien alle getötet worden.
Am Dienstagabend (Ortszeit) beendete die Armee die Geiselnahme nach stundenlangen Gefechten. Die Extremisten waren vormittags in die vom Militär betriebene Schule eingedrungen und hatten das Feuer auf Schüler und Lehrer eröffnet, die sich im Auditorium zu einer Prüfung versammelt hatten. Schüler flüchteten vor den Angreifern, versteckten sich unter Möbeln oder in den Rohren der Klimaanlage.
Weltweites Entsetzen
Der Angriff sorgte weltweit für Entsetzen. "Die Geiselnahme und Ermordung von Kindern und Jugendlichen ist an Grausamkeit nicht zu überbieten", schrieb die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in einem Kondolenztelegramm.
US-Präsident Barack Obama verurteilte den "entsetzlichen" Überfall auf das Schärfste. "Mit diesem abscheulichen Angriff auf Schüler und Lehrer haben Terroristen einmal mehr ihre Verdorbenheit gezeigt", sagte er nach einer vom Weißen Haus verbreiteten Mitteilung. Außenminister John Kerry sprach dem pakistanischen Premier Nawaz Sharif am Abend das Mitgefühl der USA aus und bekräftigte die Solidarität Washingtons mit Pakistan im Kampf gegen den Extremismus.
Ein Sprecher der Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) rechtfertigte das Blutbad als Vergeltung für Angriffe der Armee in den Stammesgebieten im Grenzgebiet zu Afghanistan. Die vom Militär betriebene Schule sei zum Ziel geworden, "weil sie auch unsere Familien angreifen. Wir wollen, dass sie den Schmerz fühlen, den wir fühlen." Die Streitkräfte hatten dort im Juni eine Offensive gegen radikalislamische Gruppen begonnen. Die afghanischen Taliban verurteilten jedoch den Terrorangriff vom Dienstag als nicht mit den Idealen den Islams vereinbar.
In den pakistanischen Medien wurde der Überfall verurteilt. "Teufel töten unsere kleinen Engel", titelte die englischsprachige Zeitung "The Nation". Der "Express" sprach von Pakistans "dunkelster Stunde".
Diesen Mittwoch werden weitere Beerdigungen erwartet. Zudem sind Mahnwachen, Proteste und Trauerzeremonien an verschiedenen Orten im ganzen Land geplant.
Die Armee geht in den Stammesgebieten im Grenzgebiet zu Afghanistan massiv gegen radikalislamische Gruppen wie die Taliban oder das Terrornetz Al-Kaida vor. Dabei wurden nach Regierungsangaben bereits tausende Extremisten getötet und vertrieben.
Schüler schrieben Prüfung
Eine Lehrerin sagte, dass Schüler der oberen Klassen eine Prüfung schrieben, als die Terroristen das Feuer eröffneten. Im Fernsehen war zu sehen, wie Soldaten Schüler in Sicherheit brachten. Blutüberströmte Kinder und Lehrer wurden aus der Schule getragen. Verzweifelte Eltern drängten sich um die Rettungsautos und hinter Absperrungen vor der Schule und den Notaufnahmen der Krankenhäuser.
Ministerpräsident Nawaz Sharif nannte den Angriff eine nationale Tragödie und ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Indiens Premier Narendra Modi telefonierte nach eigenen Angaben mit Sharif. "Habe ihm angesichts der niederträchtigen Terrorattacke in Peshawar mein tiefstes Beileid ausgedrückt", teilte Modi im Kurznachrichtendienst Twitter mit. Gespräche zwischen den Regierungschefs der beiden verfeindeten Atommächte sind äußerst selten.
Die Schule wird von mehr als 1000 Schülern besucht und bietet Unterricht für Altersstufen vom Kindergarten bis zur Oberschule. Die Armee betreibt mehr als 120 dieser Schulen in ganz Pakistan.
Schulkinder in Indien gedenken Opfer des Terroraktes
Nach dem Terroranschlag in Pakistan auf eine Schule haben Schulkinder im Nachbarland Indien der Opfer mit zwei Schweigeminuten gedacht. Viele Kinder zündeten Kerzen an und manche weinten. Auch in beiden Häusern des indischen Parlaments legten die Abgeordneten zwei Schweigeminuten ein, wie Indiens Premierminister Narendra Modi am Mittwoch per Twitter mitteilte.
Die Initiative geht auf Modi zurück, der am Vortag bereits mit seinem pakistanischen Amtskollegen Nawaz Sharif gesprochen hatte. Solche Gespräche und Solidaritätsbekundungen sind äußerst selten; die Atommächte Indien und Pakistan sind verfeindet.
dpa/sh - Bild: Farooq Naeem (afp)