Nach dem blutigen Ende der Geiselnahme in Sydney hat Premierminister Tony Abbott die Frage aufgeworfen, weshalb der vorbestrafte Geiselnehmer auf freiem Fuß war. "Wir müssen uns fragen: hätte dies verhindert werden können?" sagte der Regierungschef am Dienstag. Abbott hatte an einer spontan entstandenen Gedenkstätte für die Opfer nahe des Tatorts Blumen niedergelegt.
Monis war unter anderem wegen Beihilfe zum Mord an seiner Ex-Frau und sexuellen Übergriffen in mehr als 40 Fällen angeklagt. Er betrieb auch eine Webseite mit extremistischen Ansichten. "Wie kann jemand mit so einer Geschichte auf freiem Fuß sein?" sagte Abbott.
Die Bestimmungen, unter denen Angeklagte gegen Kaution auf freiem Fuß blieben, sollten verschärft werden, kündigte der Ministerpräsident des Bundesstaates New South Wales, Mike Baird, an. "Wir sind alle entsetzt, dass dieser Typ frei herumlief", sagte er.
Motive unklar
Nach dem blutigen Ende des Geiseldramas von Sydney rätselt die Polizei weiter über die Motive des Täters. Der 50-jährige Iraner habe eine lange Geschichte mit gewalttätigen Verbrechen, sagte der australische Premierminister Tony Abbott am Dienstag. Er sei von Extremismus besessen und psychisch labil gewesen. "Er hüllte seine Aktion in Symbole des IS-Totenkults", sagte Abbott unter Verweis auf die IS-Terrormiliz, die im Irak und Syrien kämpft.
Der Mann hatte bei den Verhandlungen mit der Polizei dem Vernehmen nach eine IS-Flagge verlangt. Nach Medienberichten zwang er eine Geisel im Café, auf ihrer Facebook-Seite zu veröffentlichen, es spiele sich eine Attacke der Terrormiliz auf Australien ab.
Bei der Stürmung des Cafés waren in der Nacht zwei Geiseln ums Leben gekommen: der 34 Jahre alte Manager des Cafés sowie eine 38-jährige Anwältin und Mutter von drei kleinen Kindern. Auch der Geiselnehmer kam um. Die Polizei sei um kurz nach 02:00 Uhr morgens eingeschritten, als sie Schüsse aus dem Café hörte, berichtete die stellvertretende Polizeichefin Catherine Burn.
Täter wurde offenbar nervös
Der Mann hatte 17 Geiseln stundenlang in seiner Gewalt. Der Einsatz sei nötig geworden, um Leben zu retten, sagte Polizeichef Andrew Scipione. Der Geiselnehmer drohte nach seinen Angaben, Sprengsätze in seinem Rucksack zu zünden. Es sei aber kein Sprengstoff gefunden worden.
Ein Reporter, der das Geschehen die ganze Nacht aus einem direkt gegenüberliegenden Fernsehstudio verfolgte, sagte, der Täter sei offenbar nervös geworden. Dieser sei in dem Café umhergerannt und habe die Geiseln angeschrien, berichtete Chris Reason im Frühstücksfernsehen. Kurz vor der Stürmung waren einige Geiseln entkommen. Der Mann sei möglicherweise in Panik geraten. Der Reporter harrte in dem Studio aus, in dem die Polizei wegen des direkten Blicks auf das Café einen Scharfschützen postiert hatte.
Nach Medienberichten starb der Manager, als er versuchte, dem Geiselnehmer die Waffe zu entreißen. Die Polizei bestätigte das zunächst nicht. Ob beide Geiseln durch Schüsse des Iraners starben, konnte Burn am Dienstag nicht sagen. Dies müssten die anstehenden Untersuchungen klären. Alle Beteiligten würden derzeit befragt, viele seien aber sehr müde und emotional aufgewühlt. Daher werde es noch einige Zeit dauern, bis der Ablauf der Ereignisse rekonstruiert sei.
Am Tatort entstand am Dienstag spontan ein Gedenkstätte für die Opfer. Zahlreiche Passanten legten im Geschäftsviertel der australischen Metropole Blumen nieder.
dpa/sh - Bild: Peter Parks (afp)