Oppositionsführer SloweniensJanez Jansa sitzt als zweimaliger Regierungschef Sloweniens und langjähriger Oppositionsführer seit Juni eine zweijährige Gefängnisstrafe wegen Korruption ab. Und dann begannen die zahlreichen Europa-Premieren: Er bestritt als Spitzenkandidat seiner konservativen SDS den Wahlkampf aus der Haft, machte sie klar zur zweitstärksten Partei im Euroland. Seitdem erhält der Oppositionsführer regelmäßig Freigang. Die Gesetze sehen so einen Fall gar nicht vor.
Wenn der 56-Jährige auf seinen Fall zu sprechen kommt, redet er sich schnell in Rage über sein politisches Lieblingsthema: Der ganze Prozess sei von den Linken im Land montiert worden, um ihn zum Schweigen zu bringen. Die "kommunistischen Old Boys" kontrollierten alles und jeden im Staat - die Wirtschaft, die Staatsverwaltung und die Medien. Das sei auch der Grund, warum es mit der seit Jahren angekündigten Privatisierung des überdimensionierten Staatssektors in der Wirtschaft nicht richtig weitergehe. Denn dort liege die Macht seiner Gegner.
Kuriose Folgen in der öffentlichen Meinung
Der kuriose Fall hat noch kuriosere Folgen in der öffentlichen Meinung. 83 Prozent meinten in einer repräsentativen Umfrage, ein Häftling dürfe nicht gleichzeitig Parlamentarier sein. Und dennoch ermittelte die wichtigste Zeitung "Delo" in dieser Woche, dass Jansas SDS in der Wählergunst klar auf dem ersten Platz liegt. Demgegenüber sei die erst kurz vor der Wahl im Juli gegründete SMC-Partei von Regierungschef Miro Cerar nach ihrem triumphalen Wahlsieg auf den zweiten Platz regelrecht abgestürzt.
Eine Genugtuung für den umstrittenen Jansa. Vor allem, weil er damit in seinen Augen dem großen Widersacher, dem ersten freigewählten slowenischen Präsidenten Milan Kucan, zumindest in der Umfrage eine Schlappe zufügen konnte. Denn der 73-jährige stehe in Wirklichkeit hinter der SMC-Parteigründung, behauptet er. Kucan war einst der letzte KP-Chef. Er war aber auch der wichtigste Schrittmacher Sloweniens bei seiner Abspaltung vom Vielvölkerstaat Jugoslawien und der damit verbundenen Demokratisierung des Landes.
Kucan macht die politische Analyse von Jansa ein wenig ratlos. Sein Widersacher "leide an einer Phobie", sagt er der Deutschen Presse-Agentur. Es sei doch für einen Einzelnen schlicht unmöglich, alles und jeden im Staat zu kontrollieren, wie es ihm unterstellt werde. Jansa denke in alten Freund-Feind-Mustern und vertiefe damit die ohnehin bestehenden politischen Gräben in Slowenien. Doch der gibt nicht auf. Er werde seine Rehabilitierung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte durchsetzen, kündigt er an.
Von Thomas Brey, dpa - Bild: Bruno Fahy (belga)