Siege und Niederlagen, Schlagzeilen und Skandale pflasterten seinen Weg, jetzt will es Nicolas Sarkozy (59) noch einmal wissen. Vor zwei Monaten tat er mit allen Fanfaren kund, Frankreichs kriselnde konservative Partei UMP wieder übernehmen zu wollen und eilt seitdem von Kundgebung zu Kundgebung. Zwar überzeugt er die Franzosen nicht, sein Werben um erneutes Vertrauen kommt kaum an. Doch nur wenige zweifeln daran, dass Sarkozy - zweieinhalb Jahre nach seiner Niederlage bei der Präsidentenwahl 2012 gegen François Hollande - am Samstag die erste Etappe seines Neuanfangs schafft.
Denn die wichtigste Oppositionspartei UMP zu übernehmen, sie wieder aufzurichten und wohl auch mit einem neuen Namen zu etikettieren, das ist das eine Ziel des ehrgeizigen ehemaligen Staatschefs. Sarkozy hat bereits das Jahr 2017 vor Augen, wenn die Franzosen nach dem ersten Mandat des Sozialisten Hollande wieder an die Wahlurnen gehen müssen, um einen Élysée-Bewohner zu ernennen. Der Posten des UMP-Parteichefs ist nicht unbedingt eine Voraussetzung, um bei der Präsidentenwahl antreten zu können, aber doch vorzüglich als Sprungbrett geeignet.
Seiner stark angeschlagenen UMP beschert Sarkozys Streben einen internen Krieg. Dabei geht es weniger um den Parteichef-Posten, es geht um die Rückeroberung der Macht im Staate. Und diese haben noch zwei andere konservative Schwergewichte im Visier: Der Bürgermeister von Bordeaux und ehemalige Premierminister Alain Juppé (69) und der frühere Regierungschef François Fillon (60). Dem gemäßigten Juppé werden die größten Chancen eingeräumt, das gesamte rechte Lager zu einen, um der Linken das Amt des Staatspräsidenten wieder abzujagen.
Ein Blick auf die Chiracs zeigt beispielhaft, wie zerrissen die konservative "Familie" ist: Ex-Präsident Jacques ist für Juppé, die einflussreiche Gattin Bernadette für Sarkozy. Beide denken bereits an 2017, denn das Votum der etwa 268.000 Parteimitglieder für den neuen UMP-Chef gilt schon als gelaufen.
"Sarkozy wird der Parteichef sein", so legt sich der konservative "Le Figaro" vorab klar fest, während die liberale "Le Monde" auch nur eine Frage sieht: Wie wird er denn abschneiden gegen die beiden anderen Kandidaten für den UMP-Vorsitz, Bruno Le Maire und Hervé Mariton, wird das ein überzeugender Sieg?
70 Prozent bei UMP-Wahl
Frédéric Péchenard, Dirigent der Kampagne Sarkozys, hat als Ziel ausgegeben, 70 Prozent bei der UMP-Wahl für seinen Chef zu erreichen: "Das ist dann ein klares Ergebnis, aber kein sowjetisches", meint er. Bei der Wahl zum Parteichef 2004 kam Sarkozy noch auf 85 Prozent.
Dem Kandidaten bliebe damit eine Stichwahl eine Woche später erspart, die beiden anderen Bewerber teilten sich die restlichen 30 Prozent. Für Sarkozy könnte es ein Sieg ohne den erhofften Triumph werden. Und ein Sesam-öffne-dich für den Élysée-Palast wäre das nicht, auch wenn "Speedy Sarko" eine Wahlkampfmaschine auf zwei Beinen ist.
Entscheidend dürfte sein, ob ein Sieg Sarkozys bei der elektronischen Wahl durch die Parteimitglieder ausreichend ist, damit er als anerkannter Bannerträger des rechten Lagers wirken kann - eines Lagers, das durch Finanzskandale und interne Intrigen darniederliegt. Und das aus der Schwäche des linken Staatschefs Hollande kaum Kapital schöpfen kann. Sarkozy will auf einem langen Marsch jetzt zum Sammeln blasen. Er versucht auch, mit streng konservativen Ansichten etwa zur Homo-Ehe den rechten Rand gegen die gefährliche Nationale Front (FN) Marine Le Pens zu sichern. Er gibt sich überzeugt, dass seine diversen politischen Affären ihn dabei nicht behindern werden.
"Anders als früher ist der Weg für Nicolas Sarkozy nicht frei, er wird nicht mehr als der natürliche Kandidat der Rechten und der Mitte angesehen", analysierte der Pariser Politologe Pascal Perrineau. Das dürfte heute mehr der ausgeglichenere Juppé sein. Der populäre Juppé scheint gelassen darauf zu warten, dass Sarkozy offen in den Ring tritt und sich auf seinem Weg der Rückeroberung verschleißen könnte.
Hanns-Jochen Kaffsack, dpa - Bild: