Die erste demokratische Präsidentenwahl in Tunesien geht in die zweite Runde. Der 87-jährige frühere Regierungschef Béji Caïd Essebsi erhielt am Sonntag die meisten Stimmen, muss aber in die Stichwahl, wie die Wahlkommission Isie am Dienstag verkündete.
Für den säkularen Kandidaten wird es ein knappes Rennen. Sein Konkurrent, Übergangsstaatschef Moncef Marzouki, kann auf Stimmen von Islamisten zählen.
Nach den vorläufigen Wahlergebnissen stimmten 39,46 Prozent der mehr als fünf Millionen registrierten Wahlberechtigten für Essebsi. Damit verfehlt er deutlich die absolute Mehrheit. Marzouki erhielt 33,43 Prozent der Stimmen.
Insgesamt hatten sich 27 Kandidaten erfolgreich zur Wahl angemeldet. Den dritten Platz belegte Linkspolitiker Hamma Hammami mit 7,82 Prozent, gefolgt von dem konservativen Journalisten Hechmi Hamdi (5,75 Prozent) und dem liberalen Millionär Slim Riahi (5,55 Prozent). Alle anderen erreichten noch nicht einmal zwei Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 62,9 Prozent.
Die islamistische Ennahda hatte keinen Kandidaten ins Rennen geschickt, um das Land nicht weiter zu spalten, wie die Partei vor der Abstimmung erklärte. Viele Islamisten dürften aber für Marzouki gestimmt haben und dies auch in der nächsten Runde wieder tun. Bislang war die Stichwahl für den 28. Dezember anberaumt. Inzwischen sind aber auch die beiden Sonntage davor im Gespräch.
Das nordafrikanische Land ist das Geburtsland des Arabischen Frühlings. Nach dem Sturz des Langzeitherrschers Zine El Abidine Ben Ali bei der Jasminrevolution Anfang 2011 begannen auch in Ägypten, Libyen, Syrien und anderen Ländern Massenproteste. Auf dem Weg zur Demokratie ist Tunesien seitdem am weitesten vorangekommen.
dpa/okr/km - Bild: Fethi Belaid (afp)