Seit Jahren vergeht kaum ein Tag in Rumänien, an dem die Staatsanwaltschaft im Kampf gegen Korruption nicht die Handschellen klicken lässt. Altgediente Politiker jeder Couleur, schwerreiche Geschäftsleute, Zöllner, Polizisten, ja sogar Staatsanwälte und Richter wandern hinter Gitter. Die zuständige Sondereinheit der Staatsanwaltschaft, DNA, hat sich zu einem gefürchteten Instrument entwickelt - dies lobt auch die EU. 1.051 Verurteilungen hat DNA allein im Jahr 2013 erwirkt - 41 Prozent mehr als im Jahr davor. Es ist einer der wenigen Erfolge des seit 2004 amtierenden bürgerlichen Staatspräsidenten Traian Basescu.
Bei der Präsidentenwahl an diesem Sonntag entscheidet sich, ob die bitter notwendige Antikorruptionspolitik weitergeht. Die Chefin der EU-Vertretung in Rumänien, Angela Filote, betont, sie wünsche sich einen Präsidenten, der "nicht gestohlen und nicht gelogen hat" sowie den Rechtsstaat respektiere.
Basescu darf nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren. Aussichtsreichster Kandidat ist laut Umfragen der sozialistische Ministerpräsident Victor Ponta - dem aber vorgeworfen wird, die Korruption zu fördern. Seine Regierung hatte noch Ende 2013 versucht, per Gesetz eine Amnestie für korrupte Politiker zu erreichen. Als einziger Kandidat der bürgerlichen Opposition, der eine Chance hat, Ponta zu besiegen, gilt der deutschstämmige Klaus Iohannis, Vorsitzender der Nationalliberalen Partei (PNL) und Kandidat der Christlich-Liberalen Allianz (ACL), zu der auch Basescus frühere Partei, die bürgerliche PDL gehört.
Keiner der insgesamt 14 Kandidaten dürfte am Sonntag die absolute Mehrheit erreichen, daher wird zwei Wochen später wahrscheinlich eine Stichwahl notwendig. Ponta liegt laut unterschiedlichen Umfragen um etwa zehn Prozentpunkte vor Iohannis.
Ponta kann mit den Stimmen vieler Rumänen rechnen, die den oft als launisch und intrigant kritisierten Führungsstil Basescus satthaben. Darauf zielt Pontas Kampagne ab.
Zudem dürfte Ponta davon profitieren, dass hunderte Bürgermeister erst vor Kurzem aus dem bürgerlichen Lager zur Regierungspartei PSD übergetreten sind. Um diese Frontwechsel zu fördern, hatte Ponta per Verordnung ein Gesetz vorübergehend außer Kraft gesetzt, das parteipolitische Seitenwechsel mit einem Mandatsverlust bestraft. Lokalpolitiker sind in Rumänien für die Mobilisierung von Wählern ein entscheidender Faktor. Zugleich sind die Lokalverwaltungen finanziell vom Wohlwollen der zentralen Regierungspartei abhängig.
Negativ zu Buche schlagen könnte allerdings, dass Ponta keine neuen Investoren ins Land gebracht hat und dass das Wirtschaftswachstum seit zwei Quartalen geschrumpft ist.
Iohannis wirbt mit seinem soliden Image, das er sich als dreifach wiedergewählter, erfolgreicher Bürgermeister der siebenbürgischen Stadt Sibiu (Hermannstadt) erworben hat. Auch er legt großen Wert auf eine Distanzierung vom quirligen Basescu, setzt auf staatsmännisch gemäßigtes Auftreten. Manche Rumänen finden dies langweilig und dröge. Iohannis will die Steuern senken, die Verwaltung vereinfachen - und den Antikorruptionskampf fortsetzen. Doch hat er selbst noch eine Rechnung mit der Justiz offen.
Iohannis wird vorgeworfen, als Bürgermeister Mitglied in der Aktionärsversammlung eines Trinkwasserversorgers gewesen zu sein, deren Miteigentümer die Stadt Sibiu ist. Die erste Gerichtsinstanz hat ihn vom Vorwurf unerlaubter Vereinbarung von Ämtern freigesprochen. Allerdings könnte es dazu ein Berufungsverfahren geben, nach der Präsidentenwahl. Wird Iohannis dabei schuldig gesprochen, darf er drei Jahre lang keinerlei öffentliches Amt bekleiden. Für die breiten Massen hat dieser zivilrechtliche Fall aber kaum Gewicht, weil es dabei nicht um Korruptionsvorwürfe geht.
dpa/rkr - Bild: Daniel Mihailescu (afp)