In Frankreich gibt es eine neue Initiative: "François, ich vertraue Dir!" Die Offenbarung gilt allerdings nicht dem von Krisen und Umfragetiefs gebeutelten Präsidenten François Hollande. Gemeint ist sein Namensvetter in Rom, Papst Franziskus.
An solche Zustimmung für den Staatschef glaubt in Frankreich kaum noch jemand. Nach der Hälfte seiner bis 2017 reichenden Amtszeit steckt der 60-jährige Hollande ebenso tief wie fest im Schlamassel zwischen Rekordarbeitslosigkeit, Haushaltsdefizit und Wirtschaftsschwäche.
Reformansätze generieren umgehend Proteste der Betroffenen. "Wenn Franzosen das Wort "Reform" hören, gehen sie in Deckung und fragen sich sofort, wie sich das verhindern lässt", sagt der Historiker Marcel Gauche in "L'Express". Ein Ansatz zur Rehabilitierung von Reformideen fehle völlig "bei der Linken wie bei der Rechten".
Nach zweieinhalb Jahren an der Macht werden auch Hollandes regierende Sozialisten zunehmend nervös. Bei den diesjährigen Wahlen für Europaparlament, Kommunen und Senat war die traditionsreiche Partei schon jeweils schwer gebeutelt worden.
Sozialisten in internen Streitereien verfangen
Die französische Medienlandschaft sieht die Sozialisten in internen Streitereien verfangen: Vor der "angekündigten Wahlkatastrophe" 2017 machen Kommentatoren "Grabenkämpfe" aus zwischen Bewahrern und Erneuerern in einer "Partei der Flügel und Risse": "die sozialistische Rose kann eine furchtbare Waffe sein".
Seit der Regierungsumbildung gehören drei wichtige Linke innerhalb der Sozialisten nicht mehr zum Kabinett von Premier Manuel Valls: Arnaud Montebourg, Benoît Hamon und Aurélie Filippetti sind für manche Medien schlicht "Zeitbomben" im Regierungslager. "Les Echos" zitiert einen Partei-Insider: "Keiner will wirklich die Krise, aber alle beginnen damit zu spielen - das ist gefährlich."
Ex-Bildungsminister Hamon griff zum Streichholz. Zündstoff hat Frankreich ausreichend zu bieten: Dem Defizit stellt die Regierung ein für manchen Parteilinken zu strammes Sparpaket von 50 Milliarden Euro entgegen. Für Hamon "zerstört die Politik der Regierung die Republik".
Auf Unterstützung kann er bei einer noch überschaubaren, zuletzt aber zunehmenden Zahl von Abgeordneten der Sozialisten setzen. Die komfortable Regierungsmehrheit hat deren Spiel mit Enthaltungen bisher unbeschadet überstanden. Auch beim Vertrauensvotum für Valls.
Hollande räumte - hinterher - ein, ohne eine Mehrheit für seinen Premier hätte er das Parlament aufgelöst. Für eine ganze Reihe von Sozialisten wären Neuwahlen angesichts mieser Umfragewerte das sichere Ende des Mandats. Der in Frankreich mächtige Präsident sitzt dagegen bis 2017 sicher im Élyséepalast.
Martine Aubry wieder da
Mit dem Flügelstreit ist auch Martine Aubry wieder da. Die führende Linke war nach der Wahl Hollandes als Parteichefin zurückgetreten, er hatte sie nicht zur Regierungschefin gemacht. Auch Valls und Aubry haben manche Rechnung offen: Noch als erste Sozialistin hatte Aubry dem Rechtsausleger Valls wegen umstrittener Äußerungen zur Immigrationspolitik per offenem Brief den Parteiaustritt nahegelegt.
Als Premierminister mischt sich der 52-jährige Valls inzwischen auch beherzt in die Parteipolitik ein. Im "Nouvelle Observateur" fordert er: "Es muss Schluss sein mit einer ewig gestrigen Linken, die sich an einer längst vergangenen und nostalgischen Zeit festhält, geplagt von einem marxistischen Über-Ich". Er will stattdessen eine pragmatische, reformerische Partei, auch ohne sozialistischen Namen.
Das rief umgehend PS-Chef Jean-Christophe Cambadélis auf den Plan. In einem Aufruf an die Partei fordert er von den Sozialisten "wahre Einheit" und "Debatten ohne Kampf". Frankreich brauche beides: "Gerechtigkeit und Reformen".
Und François Hollande? Der Präsident vermied bisher direkte Eingriffe in den Streit. Mitten im Parteitrubel verlieh der Staatschef den Verdienstorden des Landes - an seinen Premierminister Valls.
Gerd Roth, dpa - Bild: Bertrand Guay (afp)