Es waren besonders herausfordernde Zeiten, sagt José Manuel Barroso. Zehn Jahre geprägt von Krisen und von den europäischen Antworten darauf. Die EU im Krisenmodus – das hat der portugiesische Kommissionschef von Beginn an zu spüren bekommen. Zunächst die institutionelle Krise: Europa hatte sich 2004 nach Osten erweitert, schon im Jahr darauf lehnten die Wähler in Frankreich und den Niederlanden die neue EU-Verfassung ab.
Dann: die Finanz- und Wirtschaftskrise. Diese Krise ist nicht in Europa entstanden. Aber: "Wir waren nicht darauf vorbereitet und hatten auch nicht die richtigen Instrumente, um sie zu bekämpfen", sagt Barroso. Dadurch hätten wir die Folgen deutlich zu spüren bekommen: wirtschaftlich, sozial, aber auch politisch.
Griechenland stand kurz vor dem Banktrott, auch Irland, Spanien und Portugal seien bedrohlich nah am Abgrund gewesen. Doch durch die Gegenmaßnahmen – unter anderem Haushaltskonsolidierung, strukturelle Reformen sowie Aufsicht und Regulierung des Finanzsektors – stünden wir heute besser da als vor der Krise und seien für künftige Probleme gewappnet.
Heute würde niemand mehr auf das Ende des Euros wetten, meint Barroso. Vor nicht allzu langer Zeit hätte das noch ganz anders ausgesehen. Immer wieder würden Kritiker, der EU-Kommission ein Spardiktat vorwerfen. Das sei aber wirklich eine Karikatur.
Natürlich haben wir die Mitgliedsstaaten zu Haushaltsdisziplin aufgerufen, wir haben auch Strukturreformen verlangt und Maßnahmen für mehr Wettbewerbsfähigkeit, aber wir haben uns gleichzeitig auch für Investitionen ausgesprochen. Die Arbeit einer besseren und effizienteren Ausgabenpolitik müsse sein Nachfolger, der Luxemburger Jean-Claude Juncker, jetzt unbedingt fortsetzen.
Die dritte, aktuelle Krise, die Europa durchlebt, ist nach den Worten Barrosos eine geopolitische – der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Die EU habe darin eine Rolle zu spielen und habe eine moralische Pflicht gegenüber diesen Staaten, die nach Europa schauen und die gleichen Werte wie wir teilen wollten.
Rückblickend betrachtet sei der Entscheidungsprozess in Europa nicht immer einfach. Er sei anspruchsvoll, manchmal sogar schmerzhaft und nehme sehr viel Zeit in Anspruch. Natürlich wünsche er sich, dass Entscheidungen in der EU schneller und einfacher getroffen werden könnten. Aber die EU sei nun mal kein Superstaat, sondern eine Gemeinschaft demokratischer Staaten mit unterschiedlichen Befindlichkeiten, sprach der Portugiese und ging davon…
Bild: Frederick Florin (afp)