Zur Unterstützung der kurdischen Kämpfer in der nordsyrischen Grenzstadt Kobane hat die internationale Koalition neue Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflogen. Wie die syrischen Menschenrechtsbeobachter am Dienstag mitteilten, wurden mindestens drei Stellungen der Dschihadisten im Osten der Stadt getroffen.
Die Gefechte zwischen kurdischen Kämpfer und den sunnitischen IS-Extremisten gingen den Angaben zufolge mit unverminderter Heftigkeit weiter. Idris Nassan, Vize-Sprecher für auswärtige Angelegenheiten in Kobane, sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass kurdische Kämpfer dank der Luftschläge einen strategisch wichtigen Hügel sieben Kilometer von der Grenzstadt entfernt zurückerobern konnten.
Das türkische Militär bombardierte unterdessen Stellungen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Südosten des Landes an der Grenze zum Irak. Dort hätten die kurdischen Rebellen zuvor eine Polizeistation angegriffen, berichtete die Zeitung «Hürriyet» am Dienstag. Es war der erste Luftschlag gegen die PKK, seit die Organisation im März vergangenen Jahres einen Waffenstillstand erklärt hatte.
Im Bürgerkriegsland Syrien flogen derweil auch Kampfflugzeuge der Regierung von Präsident Baschar al-Assad massive Angriffe auf oppositionelle Kämpfer. Innerhalb von 24 Stunden zählten die Menschenrechtsbeobachter landesweit rund 100 solcher Luftschläge.
Anti-IS-Allianz ringt um Kurs
Parallel zu hochrangigen Militär-Beratungen über das weitere Vorgehen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) streiten sich die USA und die Türkei weiter über die Nutzung von Stützpunkten in dem Nato-Land. Ankara dementierte US-Angaben, wonach sich die türkische Regierung bereiterklärt habe, Stützpunkte zur Verfügung zu stellen. Am Dienstag soll in den USA ein erstes Bündnistreffen fortgesetzt werden, bei dem es um langfristige Strategie gegen den IS im Irak und in Syrien geht. Berichten zufolge setzten die Extremisten ihren Vormarsch im Westen des Iraks fort und griffen auch die Kurden in Kobane erneut an.
Das Anti-IS-Bündnis will die Türkei seit längerem enger einbinden. Die Regierung in Ankara sträubt sich jedoch dagegen und pocht unter anderem auf ein gemeinsames Vorgehen, das sich auch gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad richtet. Daran wiederum hat der Westen bislang kein Interesse. Die Türkei spielt eine entscheidende Rolle, weil das Land unmittelbar an Gebiete grenzt, die von den IS-Extremisten kontrolliert werden.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte am Montag nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu, es gebe noch keine Einigung, dass die internationale Allianz die türkischen Stützpunkte für den Kampf gegen den IS nutzen könne. Er dementierte damit Aussagen von Susan Rice, der Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama. Cavusoglu bestätigte aber, dass es eine Einigung über die Ausbildung gemäßigter syrischer Rebellen gebe. Eine der wichtigsten Luftwaffenbasen der Türkei ist die in Incirlik. Der Stützpunkt liegt lediglich 100 Kilometer von Syrien entfernt.
Militärchefs aus mehr als 20 Ländern wollten am Dienstag nahe Washington das weitere Vorgehen beraten. Rund zwei Monate nach Beginn der US-Luftangriffe auf IS-Stellungen ist es das erste Treffen dieser Art.
Ausländer gefangen
Vermutlich in Syrien halten die sunnitischen Extremisten auch noch Ausländer gefangen. Die Schwester einer britischen Geisel flehte die Entführer an, den Kontakt mit ihrer Familie wieder aufzunehmen. Der Journalist war in den vergangenen Wochen in Propaganda-Videos der Gruppe zu sehen, mit dem Tod bedroht wurde er darin nicht.
Seine Schwester teilte in einem Statement mit, es sei für die Familie «frustrierend», dass der Kontakt abgebrochen sei. Bisher habe die Terrorgruppe mit ihnen kommuniziert, dann aber die Verbindung gekappt. Der IS hat bereits zwei britische und zwei US-Geiseln getötet und Videos der Morde im Internet verbreitet.
Auf Seiten des Islamischen Staates kämpfen auch viele Deutsche. Wie die «Bild»-Zeitung (Dienstag) berichtete, sind die meisten deutschen Kämpfer jünger als 30 Jahre. Das Blatt berief sich auf Unterlagen deutscher Sicherheitsbehörden, in denen die Daten von 380 Dschihadisten ausgewertet sind. Die meisten sind demnach 15 bis 30 Jahre alt - ihr Anteil beträgt 65 Prozent. Wie es weiter hieß, sind 89 Prozent der deutschen Kämpfer Männer und elf Prozent Frauen.
Knapp jeder Vierte (116 Kämpfer) hat dem Bericht zufolge einen Schulabschluss; 41 haben Abitur und 31 einen Realschulabschluss. Von den Ausgereisten haben demnach 23 eine Ausbildung und acht ein Studium abgeschlossen. -
dpa/cd - Bild: Aris Messinis (afp)
Erdogan lässt die Maske fallen. Die USA und ihre Verbündeten kämpfen gegen die IS, und das Natomitglied Türkei fällt der Allianz in den Rücken.