Nach seinem Amtsantritt als Präsident Afghanistans will Aschraf Ghani den Weg für einen internationalen Militäreinsatz in seinem Land über den Jahreswechsel hinaus freimachen. Die Regierung werde an diesem Dienstag die dafür notwendigen Abkommen mit den USA und der Nato unterzeichnen, sagte Ghani-Berater Daud Sultansoi am Montag nach der Vereidigung Ghanis in Kabul.
Ghani trat sein Amt am Montag mit einer Kampfansage an die Korruption und mit einem Friedensangebot an die Taliban an. Der frühere Finanzminister und Weltbank-Experte folgt Hamid Karsai nach, der Afghanistan seit dem Sturz des Taliban-Regimes vor fast 13 Jahren regierte. Es ist der erste demokratische Machtwechsel in der Geschichte des Landes. Die Amtsübergabe wurde von Gewalt überschattet.
Ghani rief bei der feierlichen Zeremonie vor rund 1500 Gästen die Taliban zu einem Friedensprozess auf. "Unsere Botschaft ist eine Botschaft des Friedens", sagte er. "Wir fordern die Taliban dazu auf, sich an politischen Gesprächen zu beteiligen."
Ghani kündigte an, Armut zu bekämpfen und Arbeitsplätze zu schaffen. "Frieden ohne soziale Gerechtigkeit kann nicht dauerhaft sein. Wir werden hart daran arbeiten, dauerhaften Frieden zu schaffen." Karsai sagte in seiner letzten Ansprache als Präsident: "Das Wichtigste, was wir in den vergangenen 13 Jahren nicht geschafft haben, ist dauerhafter Frieden." Ghani ernannte seinen Kontrahenten Abdullah Abdullah zum "Geschäftsführer" der Regierung. Beide hatten sich auf eine Aufteilung der Macht in einer Einheitsregierung geeinigt.
Tote und Verletzte bei Bombenanschlag
Für Ghanis Vereidigung wurden die Sicherheitsvorkehrungen in Kabul deutlich verschärft. Dennoch wurden bei einem Bombenanschlag auf der Straße zum internationalen Flughafen kurz zuvor vier Menschen getötet und acht weitere verletzt. Aus dem Innenministerium hieß es, bei einem Taliban-Angriff in der südöstlichen Provinz Paktia seien 16 Menschen getötet worden, darunter acht Extremisten. Ein Polizeisprecher sagte, am früheren Bundeswehr-Standort im nordafghanischen Kundus habe sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt und zwei Zivilisten verletzt.
Ghani (65) hatte die Stichwahl um das Amt im Juni gegen Ex-Außenminister Abdullah Abdullah gewonnen. Abdullah hatte nach der Wahl massiven Betrug kritisiert. Unter US-Vermittlung einigten sich Ghani und Abdullah nach langem Streit auf eine Einheitsregierung. In ihr erhält Abdullah (54) den Posten eines "Geschäftsführers". Ghani ist aber Staats- und Regierungschef. Nach der Vereinbarung zwischen Ghani und Abdullah soll eine Große Ratsversammlung (Loja Dschirga) innerhalb von zwei Jahren die Verfassung ändern und für Abdullah den Posten eines Ministerpräsidenten schaffen.
dpa/sh - Bild: Shah Marai (afp)