Nach einer Messerattacke auf zwei Polizisten in Australien ist ein Teenager mit Verbindungen zur muslimischen Extremistenszene erschossen worden. Der 18-Jährige mit afghanischen Wurzeln hatte auf dem Parkplatz einer Polizeiwache in Melbourne unvermittelt ein Messer gezückt und auf zwei Polizisten eingestochen. Einer der Beamten zückte daraufhin die Waffe und schoss. "Es war Selbstverteidigung", sagte Melbournes Polizeichef Andrew Colvin. Die beiden Beamten erlitten Stichwunden, sind aber nach Angaben der Polizei vom Mittwoch nicht in Lebensgefahr.
Anti-Terror-Spezialisten hatten den Teenager am Dienstagabend zu einem Gespräch auf die Polizeiwache gebeten. Er war auffällig geworden, weil er mit einer Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gesehen worden sein soll. "Wir wurden erstmals vor drei Monaten auf ihn aufmerksam, als er mit der Polizei in Victoria in Kontakt kam", sagte der Polizeichef im Bundesstaat Victoria, Ken Lay, der Tageszeitung "Herald Sun" am Mittwoch.
Der Teenager sei früher Mitglied der radikalen islamischen Gruppe "Al-Furqan" gewesen. Aber erst in der vergangenen Woche hätte er Verhaltensweisen an den Tag gelegt, die "beträchtliche Bedenken auslösten und unser Interesse enorm erhöhten", sagte Lay. Aus Sicherheitsgründen sei der Pass des 18-Jährigen zu dem Zeitpunkt gesperrt worden.
Nach Informationen des australischen Senders ABC soll der junge Mann im Vorfeld nicht direkt Drohungen gegen Regierungschef Tony Abbott formuliert haben, er habe allerdings konkrete Recherchen über die Besuchspläne von Abbott in Melbourne angestellt.
Sein Auto, das der junge Mann für das Treffen mit der Polizei vor einem Kindergarten abgestellt hatte, wurde nach der Messerattacke auf Bomben untersucht, Sprengstoff wurde aber nicht gefunden. Der Kindergarten blieb laut ABC-Angaben währenddessen geschlossen.
Erst vor einer Woche waren bei der bisher größten Anti-Terror-Razzia auf australischem Boden 15 Menschen aufgegriffen worden. Nach Geheimdiensterkenntnissen hatten Extremisten in Australien geplant, einen beliebigen Passanten auf der Straße zu enthaupten und die Gräueltat per Video im Internet verbreiten.
Nach der Messerattacke in Mebourne sagte Abbott, der Fall zeige, "dass es Menschen in unserer Mitte gibt, die zu extremen Taten fähig sind". Dem Rundfunksender ABC sagte Abbot: "Es zeigt auch, dass die Polizei immer wachsam ist, um uns vor denen zu beschützen, die uns Böses wollen."
Abbott war auf dem Weg nach New York, um an einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats zum Kampf gegen die IS-Terrormiliz teilzunehmen. Australien hatte in der vergangenen Woche 600 Soldaten zur Unterstützung in den Nahen Osten verlegt.
Verwandte des getöteten Jugendlichen sagten dem Sender ABC, sie hätten sich in letzter Zeit wegen seines Verhaltens Sorgen gemacht und ihm geraten, professionelle Hilfe zu suchen. Muslimische Organisationen, die Racheakte gegen Muslime befürchten, verlangten eine genaue Untersuchung des Falls.
Seit dem 12. September gilt in Australien erhöhte Terrorgefahr. Die Behörden machten damals zunächst keine Angaben über spezifische Bedrohungen. Nach der Großrazzia in der vergangenen Woche kam dann ans Licht, dass IS-Anhänger in Australien offenbar telefonisch die Anweisung erhalten hatten, Passaten zu entführen und zu enthaupten. Die Videos sollten nach dem Muster ähnlicher Verbrechen in Syrien im Internet hochgeladen werden.
Mindestens 60 Kämpfer mit australischen Pässen, die sich in Syrien oder dem Irak aufhalten, sind den Behörden bekannt. Bekannten Extremisten wurden die Pässe entzogen, damit nicht noch mehr von ihnen zum Kampf auf Seiten der IS nach Syrien reisen.
dpa/sh