Die mutmaßliche Enthauptung eines weiteren amerikanischen Journalisten durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) löst weltweites Entsetzen aus.
Der britische Premier David Cameron sprach von einem "verachtenswerten und barbarischen Mord". Der französische Präsident François Hollande meinte, die Tat beweise den "schändlichen Charakter der Dschihadisten-Organisation, die die Freiheit infrage stellt und nur den Terror kennt." Allerdings wiesen beide ausdrücklich darauf hin, dass es noch keine abschließenden Beweise gebe.
Der vor einem Jahr in Syrien entführte Reporter Steven Sotloff (31) soll aus Rache für die US-Luftangriffe im Irak vor laufender Kamera getötet worden sein, berichtete das US-Forschungsinstitut Site. Es beruft sich dabei auf ein Internet-Video, das die IS ins Netz gestellt habe. Das Institut verfolgt weltweit die Aktivitäten von Terrororganisationen.
Die USA bewerten das Video, das die Enthauptung des Journalisten Steven Sotloff zeigt, als authentisch. Das teilte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates in Washington mit, nachdem die Geheimdienste die Aufnahme überprüft hatten.
Sotloff war auch israelischer Staatsbürger
Der von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ermordete US-Journalist Steven Sotloff war auch israelischer Staatsbürger. Das teilte das israelische Außenministerium am Mittwoch in Jerusalem mit. Vor seiner Verschleppung in Syrien vor einem Jahr hatte er auch für die israelische Zeitschrift "The Jerusalem Report" gearbeitet, wie die "Jerusalem Post" - die zur selben Verlagsgruppe gehört - auf ihrer Webseite berichtete. Sotloff habe "für eine kürzere Zeit" in Israel gelebt.
Die Ermordung des amerikanischen Journalisten Steven Sotloff wird nach Worten von US-Präsident Barack Obama nicht ungesühnt bleiben. "Wir werden für Gerechtigkeit sorgen", sagte Obama während seines Besuchs in Tallinn. "Wir werden nicht vergessen und unsere Reichweite ist groß." Nach dem "entsetzlichen Gewaltakt" trauere nun ganz Amerika mit dessen Familie. Sotloff war vor einem Jahr in Syrien entführt worden.
Auf eine Frage, ob die USA ihre Luftschläge gegen IS-Stellungen im Irak auch auf das benachbarte Syrien ausweiten würden, sagte Obama: Das Ziel sei eindeutig, IS (...) zu zerstören, damit die Dschihadisten weder für den Irak und "die Region" noch für die USA eine Gefahr darstellen könnten. Bis dieses Ziel erreicht sei, werde aber noch einige Zeit vergehen.
Ban Ki Moon entsetzt über Enthauptung
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich entsetzt über die Ermordung des US-Journalisten Steven Sotloff gezeigt. "Ich verurteile alle solche abscheulichen Verbrechen aufs Schärfste", sagte Ban am Mittwoch in Neuseeland bei einer Rede an der Universität Auckland. "Und ich weigere mich zu akzeptieren, dass ganze Gemeinschaften nur wegen ihrer Volkszugehörigkeit oder ihres Glaubens durch Gräueltaten bedroht werden", sagte Ban. Die Täter müssten vor Gericht gestellt werden.
Die IS-Miliz droht in dem Video der Ermordung, als nächstes eine britische Geisel umzubringen. Erst vor knapp zwei Wochen hatten die Extremisten, die weite Landstriche in Syrien und im Irak beherrschen, bereits den US-Journalisten James Foley enthauptet.
Die internationale Journalistenorganisation Committee to Protect Journalists (CPJ) forderte eine Bestrafung der Täter. Die Ermordungen Foleys und Sotloff "waren Kriegsverbrechen, und diejenigen, die sie begangen haben, müssen zur Rechenschaft gezogen werden", teilte sie mit. Sie betonte, Sotloff und Foley "waren Zivilisten, keine Repräsentanten irgendeiner Regierung".
Täter richtet sich an Obama
Das Institut Site veröffentlichte eine Mitschrift des Videos. Demnach richtete der mutmaßliche Täter mit gezücktem Messer eine Warnung direkt an Obama, die Militärangriffe im Irak gegen den IS zu unterlassen: "Ich bin zurück, Obama. Und ich bin zurück wegen Deiner arroganten Außenpolitik gegenüber dem Islamischen Staat", sagt er demnach. "So wie Deine Raketen weiterhin unsere Leute treffen, wird unser Messer weiter die Nacken Deiner Bürger treffen." Der IS-Kämpfer warnt sämtliche Regierungen, sich nicht auf eine "böse Allianz" mit Amerika einzulassen.
Zudem ist ein Mann zu sehen, der sich als Steven Sotloff vorstellt. "Ich bin mir sicher, ihr wisst wer ich bin", sagt er. "Und ihr wisst, warum ich hier zu sehen bin." Das knapp dreiminütige Video trägt den Titel "Eine zweite Nachricht an Amerika". Nach Angaben des Instituts ist derselbe schwarz vermummte IS-Kämpfer auf dem Video zu sehen, der auch bei Foleys Tod dabei war. Zugleich drohten die Milizen mit dem Tod einer britischen Geisel, die ebenfalls gezeigt wurde.
Sotloff, der seit Jahren für diverser US-Medien an Krisenplätzen in Nahost arbeitete, wird seit August 2013 in Syrien vermisst. Er war auch kurz auf dem Video der Enthauptung Foleys zu sehen, das weltweit Entsetzen ausgelöst hatte. Damals hatte die Miliz bereits mit seinem Tod gedroht. Sotloffs Familie wollte sich nicht äußern. Ein Sprecher der Familie sagte laut US-Medien, die Familie sei über die "fürchterliche Tragödie" informiert. Sie trauere in aller Stille.
Weitere Soldaten in den Irak
Die USA schicken weitere 400 Soldaten in den Irak. Davon sollten 350 den Schutz der US-Botschaft in Bagdad verstärken, teilte John Kirby, Sprecher des Verteidigungsministeriums, am Dienstagabend (Ortszeit) mit. Insgesamt seien damit 820 Mann für den Schutz der Botschaftsgebäude abgestellt. Rund 50 Soldaten, die derzeit in Bagdad seien, würden in anderen Ländern der Region stationiert, sagte Kirby. Er nannte keine Einzelheiten.
Bereits vor Wochen hatte Präsident Barack Obama angesichts des Vormarsches der Milizen Islamischer Staat (IS) mehrere Hundert Soldaten in den Irak geschickt. Die Regierung in Washington betont, es kämen keine Kampftruppen in den Irak. Unterdessen mehren sich Forderungen, dass die US-Militärs ihre Luftschläge gegen IS-Stellungen auch nach Syrien ausweiten sollen. Doch darüber hat Obama noch nicht entschieden.
dpa/jp/km/mh - Bild: SITE/AFP