Einen Tag nach dem schweren Erdbeben in Nordkalifornien gehen die Aufräumarbeiten voran. Nach Schätzungen der US-Erdbebenwarte USGS liegt die Schadenssumme bei etwa einer Milliarde Dollar (etwa 760 Millionen Euro), wie die "Washington Post" berichtete. Das Beben der Stärke 6,0 hatte die Region nördlich von San Francisco am frühen Sonntagmorgen (Ortszeit) erschüttert. Es war das schwerste Beben in der Region seit 25 Jahren. Laut Medien wurden mindestens 150 Menschen in Krankenhäusern behandelt. Die Aufräumarbeiten sollen laut Behörden noch etwa eine Woche andauern.
In der Stadt Napa im bekannten Weinbaugebiet Napa Valley wurden einige historische Gebäude schwer beschädigt. Auch viele Weingüter meldeten Schäden - Weinfässer stürzten um und Flaschen wurden aus den Regalen geschleudert. Wohnhäuser, Straßen und Gasleitungen nahmen Schaden. Die Stromversorgung habe vielerorts wiederhergestellt werden können, berichtete der Nachrichtensender CNN.
Nach dem Beben waren vorübergehend 70.000 Menschen ohne Strom, bis Sonntagabend (Ortszeit) waren es nur noch etwa 7000. Die Schäden in Napa seien "ziemlich groß", sagte Glenn Pomeroy von der kalifornischen Erdbebenbehörde.
Bei den Bewohnern mischte sich Schock mit Erleichterung. Das Beben richtete schwere Schäden an, doch viele sind überzeugt: Es hätte noch viel schlimmer kommen können. Die Schäden "sind nicht so schlimm wie es hätte kommen können", sagte Mark Ghilarducci, Direktor der kalifornischen Rettungsdienste.
Gouverneur ruft Notstand aus
Der Gouverneur von Kalifornien, Jerry Brown, rief dem Fernsehsender CNN zufolge für die Region Napa den Notstand aus. Damit kann rasch Hilfe aus Washington in die betroffenen Gebiete fließen. Die meisten Opfer hätten leichtere Verletzungen wie Schnittwunden oder Prellungen erlitten und seien nach der Behandlung wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden, berichtete die Zeitung "Los Angeles Times" unter Berufung auf eine Kliniksprecherin.
Das Zentrum des Bebens lag sechs Kilometer südwestlich des Weingebietes Napa, etwa 75 Kilometer von San Francisco und mehr als 80 Kilometer von Sacramento entfernt, wie die US-Erdbebenwarte berichtete. Rund 100.000 Menschen seien betroffen gewesen. Es wurden rund 60 leichtere Nachbeben gemessen, eines erreichte die Stärke 3,6.
CNN zeigte Bilder von schwerbeschädigten Gebäude, immer wieder brachen Brände aus. Augenzeugen sagten, in der Innenstadt von Napa seien einige Häuser völlig zerstört worden. Der Sender KTVU berichtete, in der Ortschaft Vallejo sei ein Kirchturm eingestürzt.
Nach Angaben der kalifornischen Feuerwehr waren mehrere Menschen in ihren Häusern eingeschlossen. Die "Los Angeles Times" berichtete von herunter gerissenen Stromleitungen.
Angst vor "The Big One"
"Ich dachte, das sei "The Big One"", sagte Craig Chan auf CNN. "Ich habe mein ganzes Leben in San Francisco verbracht und immer wenn es länger als zehn Sekunden bebt, denkst du: Jetzt ist es soweit." Seit Generationen fürchten die Menschen in Kalifornien "The Big One" - das überfällige Großbeben. Der Erdstoß vom Sonntagmorgen war laut mehrerer Medienberichte das schwerste Beben in der Region seit dem Loma-Prieta-Beben nahe San Francisco 1989 mit einer Stärke von 6,9. Damals waren 63 Menschen ums Leben gekommen und massive Schäden entstanden.
Der gesamte Westen des amerikanischen Doppelkontinents liegt am sogenannten Pazifischen Feuerring, der seismisch besonders aktiv ist. Erst am Samstagabend hatte ein Erdbeben der Stärke 6,2 die Region rund um die chilenische Hafenstadt Valparaíso erschüttert. Das Beben dort war auch in der Hauptstadt Santiago zu spüren. In einigen Stadtteilen fiel der Strom aus. Verletzt wurde laut Innenministerium niemand. Kurzzeitig wurde ein Fußballspiel zwischen den Erstligisten Unión Española und Universidad de Concepción unterbrochen. Die Spieler versammelten sich in der Mitte des Spielfelds, und die Zuschauer strömten zu den Notausgängen.
Bereits am frühen Morgen hatte im Norden Chiles die Erde gebebt. Der Erdstoß nahe der Stadt Iquique hatte eine Stärke von 5,7. Im April waren dort bei einem Beben der Stärke 8,2 sieben Menschen ums Leben gekommen.
Erdbeben in Peru
Auch in Peru gab es ein schweres Erdbeben. Es erschütterte mit einer Stärke von 7,0 den Süden des Landes und war auch in der Hauptstadt Lima zu spüren. Menschen liefen Medienberichten zufolge in Panik auf die Straßen. Angaben über Verletzte oder Schäden liegen noch nicht vor.
dpa/okr Bild: Josh Edelson