Israel will vorerst keine neue 24-stündige Waffenruhe ausrufen. Die radikal-islamische Hamas verletze die von ihr am Sonntag angekündigte Feuerpause selbst, sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu in einem Interview des US-Senders CNN. "Wir werden alles notwendige tun, um unser Volk zu schützen."
Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte angekündigt, eine 24-stündige humanitäre Waffenruhe einhalten zu wollen. Von 13:00 Uhr (MESZ) an wollten die verschiedenen palästinensischen Fraktionen ihre Angriffe stoppen, sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri am Sonntag in Gaza. Netanjahu zufolge gab es auch danach Attacken auf Israel.
Nach einer 16-stündigen Feuerpause zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas waren die Kämpfe im Gazastreifen am Sonntag wieder aufgeflammt. Israel hatte zwar eine zwölfstündige humanitäre Waffenruhe am Samstag von sich aus um vier und dann um 24 Stunden verlängert. Die radikalislamische Hamas schloss sich dem jedoch zunächst nicht an.
Erneut Raketen auf israelische Ortschaften gefeuert
Militante Palästinenser feuerten am Sonntag erneut Raketen auf israelische Ortschaften. Daraufhin teilte das israelische Militär mit, Luftwaffe, Marine und Bodentruppen würden ihre Angriffe auf den Gazastreifen ebenfalls wieder aufnehmen. Palästinensische Rettungskräfte berichteten von mindestens 9 Toten und 30 Verletzten durch die neuen Kampfhandlungen. Eine Armeesprecherin teilte in Tel Aviv mit, seit den frühen Morgenstunden seien neun Raketen abgefeuert worden, zwei davon habe die Raketenabwehr über den Küstenstädten Aschdod und Aschkelon abgefangen.
Die Zahl der Toten im Gazastreifen stieg bis zum Sonntag auf rund 1050, etwa 6000 Menschen wurden verletzt. Mehr als zwei Drittel der Opfer sind nach palästinensischen Angaben Zivilisten. Auf der israelischen Seite kamen seit dem 8. Juli 43 Soldaten und drei Zivilisten ums Leben.
Die Feuerpause am Samstag nutzten zahlreiche Menschen in Gaza dazu, um ihre Vorräte aufzustocken. Die Rettungskräfte erreichten erstmals seit Beginn der israelischen Bodenoffensive am 17. Juli bis dahin schwer umkämpfte "Todeszonen", darunter das östliche Stadtviertel Sadschaija. Sie bargen mehr als 150 Leichen, wie die Rettungsdienste mitteilten.
Den Helfern und Reportern boten sich dort Bilder der Zerstörung und Verwüstung. Ganze Straßenzüge wurden durch Bombardements dem Erdboden gleichgemacht. Zurückkehrende Bewohner bahnten sich einen Weg durch Trümmerfelder und suchten nach Habseligkeiten. Einige begruben ihre toten Angehörigen auf freien Flächen zwischen den Häusern.
Die Außenminister aus sieben Ländern riefen bei einem Nahost-Krisentreffen in Paris am Samstag beide Seiten auf, die Feuerpause zu verlängern. Zu dem Treffen, an dem die Außenminister der Türkei und Katars, aber keine Vertreter Israels und der Palästinenser teilnahmen, hatte US-Außenminister John Kerry eingeladen.
Hamas plante "Mega-Anschlag" auf Zivilisten
Israel wirft der Hamas die Planung eines verheerenden Anschlags auf israelische Zivilisten durch die Tunnel im Grenzgebiet vor. Geheimdienstminister Juval Steinitz bestätigte am Sonntag entsprechende Medienberichte. Die Hamas soll demnach geplant haben, am jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana im September Hunderte bewaffneter Kämpfer durch mehrere Tunnel gleichzeitig auf israelisches Gebiet zu schicken. Sie sollten dort soviele Menschen wie möglich töten oder in den Gazastreifen verschleppen, hieß es. Die Informationen, die sich nicht unabhängig überprüfen ließen, basierten auf den Aussagen von Hamas-Mitgliedern, die die israelische Armee während der Offensive im Gazastreifen festgenommen habe.
In Tel Aviv protestierten Tausende gegen den Gaza-Krieg. Linke Parteien und Menschenrechtsorganisationen hatten dazu aufgerufen. Bei Protesten und Unruhen im Westjordanland kamen über das Wochenende mindestens neun Palästinenser ums Leben.
dpa/fs/mh - Bild: Thomas Coex (afp)