Die Bemühungen um ein Ende des Blutvergießens im Gazastreifen gehen weiter. US-Außenminister John Kerry hat den Konfliktparteien nach Medienberichten einen konkreten Vorschlag über eine einwöchige Feuerpause unterbreitet. Mit Einstellung der Kämpfe sollten unter ägyptischer Vermittlung Gespräche über eine längerfristige Friedenslösung aufgenommen werden sollen, berichtete die israelische Zeitung "Haaretz" am Freitag. Israel darf demnach in dem Zeitraum weiterhin Tunnel im Gazastreifen zerstören, die die Hamas für Terrorzwecke gebaut hat. Kerry erwarte noch am Freitag Antworten.
Die "New York Times" berichtete auch von einem Zwei-Stufen-Plan, wonach zuerst die Waffen schweigen und dann Gespräche folgen sollen. Die Verhandlungen seien an einem "heiklen" Punkt angekommen, wurde ein US-Regierungsvertreter zitiert. Unklar sei unter anderem noch, ob israelische Truppen während der angedachten Feuerpause in Gaza bleiben würden. Ob die radikal-islamische Hamas dem Plan zustimmt, sei auch noch nicht geklärt. Die Hamas fordert ein Ende der Blockade. Das Thema soll voraussichtlich nach einer Feuerpause zur Sprache kommen.
Das israelische Sicherheitskabinett wollte am Freitag über die Vorschläge des Verbündeten USA beraten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ließ bislang keine Bereitschaft erkennen, die Angriffe einzustellen.
Der israelische Rundfunk berichtete, die Armee sei angewiesen worden, sich auf eine "echte Ausweitung" der Offensive in der kommenden Woche vorzubereiten, sollte Hamas die Vorschläge zu einer Feuerpause ablehnen.
Haus von Hamas-Führer zerstört
Die israelische Luftwaffe zerstörte nach palästinensischen Angaben am Freitag das Haus des Hamas-Führers Salah Bardawil in Chan Junis im Süden des Gazastreifens. Dabei habe es keine Verletzten gegeben. Bei einem anderen Angriff im Süden des Palästinensergebiets sei ein örtlicher Führer des radikalen Islamischen Dschihad getötet worden. Der 45-jährige Salah Abu Hasanin und sein 15-jähriger Sohn seien bei dem Luftangriff in Rafah ums Leben gekommen.
Die Zahl der Toten im Gazastreifen stieg seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 8. Juli auf über 810. Mehr als 5200 Palästinenser wurden nach Angaben örtlicher Rettungsdienste verletzt. Auf israelischer Seite starben bislang mehr als 30 Soldaten und Zivilisten. Bei dem folgenreichsten israelischen Angriff am Donnerstag starben in einer UN-Schule voller Flüchtlinge nach palästinensischen Angaben mindestens 16 Menschen. Mehr als 200 Schutzsuchende seien in dem Gebäude in Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen verletzt worden. In der Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA hatten etwa 1200 Menschen Schutz gesucht. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Angriff scharf. Unter den Opfern seien Kinder, Frauen und UN-Mitarbeiter, sagte er in New York. Israels Armee spricht von einem "Fehlschuss" auf die UN-Schule, entweder durch die eigenen Streitkräfte oder die Hamas.
Zwei Palästinenser bei Zusammenstößen nahe Jerusalem getötet
Proteste gegen Israels Militäroffensive im Gazastreifen sind in der Nacht auf Freitag im Westjordanland in Gewalt umgeschlagen. Palästinensischen Rettungskräften zufolge starben bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften mindestens zwei Palästinenser, Dutzende wurden verletzt. Mehrere schwebten in Lebensgefahr, sagte Samir Saliba, Leiter der Notaufnahme einer Klinik in Ramallah. Auf israelischer Seite seien 13 Polizisten leicht verletzt worden, hieß es in israelischen Medienberichten.
Die Demonstranten bewarfen die Sicherheitskräfte am Kontrollposten Kalandia zwischen Ramallah und Jerusalem demnach mit Steinen und Feuerwerkskörpern. Reifen wurden in Brand gesteckt. Die Sicherheitskräfte feuerten der Nachrichtenseite "ynet" zufolge unter anderem mit Gummigeschossen zurück.
Wie die Zeitung "Jerusalem Post" berichtete, eskalierte der Protest, nachdem Tausende Anhänger der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas von Ramallah aus an die nördlichen Randgebiete Jerusalems zogen, um gegen die seit mehr als zwei Wochen andauernde Gaza-Offensive des israelischen Militärs zu demonstrieren. Den Berichten zufolge kam es unter anderem auch am Tempelberg in Jerusalem zu Auseinandersetzungen.
Obwohl Palästinenser weiterhin Raketen Richtung Großraum Tel Aviv schossen, hatte die US-Luftfahrtbehörde FAA ihr Flugverbot am Donnerstag wieder aufgehoben. Auch der britische Billigflieger Easyjet sowie die italienische Alitalia kündigten die Wiederaufnahme des Flugbetriebs nach Israel an.
Gaza-Waffenruhe zu Fest des Fastenbrechens
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat eine nicht an Bedingungen geknüpfte humanitäre Waffenruhe im Gazakonflikt gefordert. Bei einem Besuch in Kairo erklärte er am Freitag: "Die Feuerpause sollte während des dreitägigen Festes des Fastenbrechens Eid al-Fitr gelten." Auf dieser Grundlage könnte dann über eine längerfristige Waffenruhe verhandelt werden.
Die Feier zum Ende des Fastenmonats Ramadan beginnt in den meisten Ländern am Montag, wegen unterschiedlicher Berechnungsgrundlagen kann das Datum regional um einen Tag variieren. Ban Ki Moon forderte, die humanitäre Feuerpause zum Fest solle sofort beginnen - "ohne Bedingungen, ohne Ausflüchte und ohne Verspätung."
dpa/mh - Bild: Jack Guez (afp)