Die Niederlande schließen den Einsatz einer bewaffneten Militäreinheit an der Absturzstelle von Flug MH17 in der Ostukraine vorbehaltlich der Zustimmung der Konfliktparteien nicht aus. Darüber werde am Wochenende von seiner Regierung entschieden, teilte Ministerpräsident Mark Rutte am Freitag im Parlament in Den Haag mit. Auch Australien will sich am Schutz für die internationalen Experten am Absturzort beteiligen.
Nach Angaben von Rutte führen die Niederlande darüber zurzeit Gespräche mit den Vereinten Nationen und der Ukraine. Ein Militär- oder Polizeieinsatz hänge ab von politischen Fragen, dem völkerrechtlichen Mandat und der Mitarbeit der Ukraine und Russlands, betonte Rutte.
"Die Risiken sind aber groß", sagte Rutte. Prorussische Rebellen könnten das als Provokation auffassen, warnte er.
Zunächst sollten 40 Militärpolizisten in die Ukraine reisen, um die Suche nach Opfern zu unterstützen. Auch sollten sie bei der Untersuchung nach der Ursache der Katastrophe assistieren. Die Niederlande gehen davon aus, dass noch nicht alle 298 Opfer geborgen sind. Die Königlichen Gendarmen würden unbewaffnet sein und auch keine Uniform tragen, betonte der Ministerpräsident. Sie sollten noch am Freitagabend in die ukrainische Stadt Charkow fliegen.
In den kommenden Tagen sollten insgesamt 23 niederländische Experten zu der Absturzstelle fahren. Auch die forensischen Experten anderer Länder würden die Arbeit in dem Gebiet aufnehmen.
Neue MH17-Wrackteile und Leichen gefunden
Ermittler haben mehr als eine Woche nach dem Absturz des Malaysia-Airlines-Flugzeugs in der Ostukraine ein neues großes Wrackteil sowie weitere Leichen gefunden. Das berichteten australische Medien am Freitag unter Berufung auf Sprecher der OSZE, die unter anderem australische Ermittler in das Absturzgebiet begleitet hatten. Der Fundort sei unweit der anderen Wrackteile.
Die Ermittler - darunter zwei australische Diplomaten und ein Forensiker - seien zunächst nicht dafür ausgerüstet gewesen, die Leichen zu bergen, berichteten der Fernsehsender ABC und die Zeitung "Sydney Morning Herald" am Freitag. Bei dem Wrackteil handelt es sich demnach um ein Teil des Rumpfes, in dem Sitze und Fenster noch intakt waren.
In einem dichten Waldstück sei plötzlich das große Rumpf-Wrackteil aufgetaucht, sagte Michael Bociurkiw von der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa dem australischen Sender ABC. "Es schien fast so, als sei es wie aus dem Nichts erschienen, denn es waren keine abgebrochenen Äste oder ähnliche Anzeichen zu sehen, die darauf hinweisen, dass ein großes Stück Rumpf dort zu Boden gefallen ist", sagte Bociurkiw.
Gegenstände der Piloten im Cockpit
Auf besonderes Interesse bei den Ermittlern sei das Cockpit der abgestürzten Boeing 777-200 gestoßen. Dort seien "sowohl persönliche als auch professionelle Gegenstände der Piloten" noch vorhanden. In dem Absturzgebiet sei nach dem Fund der neuen Leichen und Leichenteile eine detaillierte Überprüfung des Geländes vonnöten, um sicherzustellen, dass nichts übersehen werde, sagte Bociurkiw weiter.
Bei dem Absturz der Boeing der Malaysia Airlines über dem Konfliktgebiet in der Ostukraine waren vor einer Woche 298 Menschen getötet worden. Die meisten stammten aus den Niederlanden. Dorthin wurden auch die Opfer übergeführt.
USA: Russland will Separatisten neue Raketenwerfer liefern
Die USA werfen Russland vor, Separatisten in der Ukraine weitere Raketenwerfer liefern zu wollen. Man habe Hinweise, dass Moskau die Lieferung von stärkeren Mehrfach-Raketenwerfern beabsichtige, sagte Marie Harf, Sprecherin des US-Außenamts am Donnerstag. Zugleich gebe es Hinweise, dass russische Militärs mit Artillerie von russischem Gebiet auf ukrainische Einheiten schössen. Die Hinweise kämen von Geheimdiensten befreundeter Staaten, sagte Harf am Donnerstag in Washington, ohne Einzelheiten zu nennen.
Bei Kämpfen zwischen Sicherheitskräften und prorussischen Separatisten in der Ostukraine kamen erneut zahlreiche Menschen ums Leben. Die Aufständischen berichteten von angeblich 100 getöteten Soldaten bei Gefechten im Gebiet Lugansk. Dafür gab es aber keine unabhängige Bestätigung. Die Armee teilte mit, sie habe nach tagelangen Schusswechseln die Stadt Lissitschansk zurückerobert. Nach der Befreiung des Ortes hätten Soldaten über dem Verwaltungsgebäude die Staatsflagge gehisst, berichtete Generalstabschef Viktor Muschenko in einer Mitteilung an Staatschef Petro Poroschenko.
dpa/cd/mh - Bild: Marcel Van Hoorn (afp)