Die ukrainische Regierung hat den prorussischen Separatisten vorgeworfen, die Untersuchung des Wracks der malaysischen Passagiermaschine massiv zu behindern. Experten aus Kiew hätten sich lediglich 30 Minuten unter Aufsicht bewaffneter Aufständischer an der Absturzstelle nahe Grabowo aufhalten dürfen, sagte Vize-Regierungschef Wladimir Groisman am Samstag in Kiew. Er forderte die militanten Gruppen auf, einer internationalen Kommission den Zugang zu dem Wrack zu ermöglichen. Auch Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beklagen, sich an der Absturzstelle nicht frei bewegen zu können.
Dem ukrainischen Geheimdienstchef Valentin Naliwaitschenko zufolge stimmten die Aufständischen einer "Sicherheitszone" rund um das Wrack zu. "Wir hoffen nun, dass die Terroristen verschwinden und uns das Arbeiten an der Absturzstelle ermöglichen", sagte er im Fernsehen. Separatistenanführer Andrej Purgin wies dies zurück. Die "Volkswehr" bleibe an dem Ort, um eine "objektive Untersuchung" zu gewährleisten. Zwei Tage nach der Tragödie seien bisher 186 Leichen geborgen worden, teilte der staatliche ukrainische Rettungsdienst am Samstagmorgen mit. Die Suche nach den übrigen der insgesamt 298 Opfer gestalte sich sehr schwierig, da die Wrackteile über etwa 25 Quadratkilometer verstreut seien, hieß es. Alle betroffenen Länder sowie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon fordern eine unabhängige Untersuchung. Laut US-Präsident Obama sind dafür aber sehr wahrscheinlich moskautreue Kräfte verantwortlich. Indirekt wies Obama Russland eine Mitverantwortung zu.
Etwa 170 Helfer seien im Einsatz, sagte ein Sprecher. Darunter seien auch Taucher, die einen nahen See absuchen würden. Insgesamt seien die Rettungskräfte mit 18 Fahrzeugen an der Absturzstelle. Das ukrainische Innenministerium reservierte unterdessen in Charkow für Angehörige und Hinterbliebene der Opfer Hunderte Hotelzimmer. In der Stadt rund 300 Kilometer von der Absturzstelle entfernt stünden auch Übersetzer und Psychologen bereit. Es war zunächst unklar, ob die sterblichen Überreste nach Charkow oder Mariupol gebracht werden.
Großbritannien hilft bei Untersuchung der Boeing-Trümmer
Großbritannien hat Spezialisten für Flugzeugabstürze in die Ostukraine geschickt, um bei der Untersuchung der Wrackteile der malaysischen Passagiermaschine zu helfen. Das sechsköpfige Team solle am Samstag in Kiew eintreffen, teilte die Regierung mit. Das Außenministerium entsandte zusätzliches Konsulatspersonal in die Ukraine, außerdem sollen britische Polizisten bei der Bergung, Identifizierung und dem Heimtransport der getöteten Passagiere helfen.
Unter den fast 300 Menschen, die beim mutmaßlichen Abschuss des Passagierjets am Donnerstag starben, waren zehn Briten.
Nach Absturz: Russland fordert von Ukraine Offenlegung der Flugabwehr
Russland hat die Führung in Kiew aufgefordert, alle Dokumente über ihre Luftabwehr im Konfliktgebiet offenzulegen. Die Ukraine müsse einer Untersuchungskommission detailliert Einblick gewähren, wie sie ihre Raketen verwende, sagte Vizeverteidigungsminister Anatoli Antonow am Samstag dem Fernsehsender Rossija-24.
"Die internationale Gemeinschaft wartet darauf", betonte er. Experten vermuten, dass die Boeing 777-200 mit 298 Menschen an Bord am Donnerstag abgeschossen worden war. Antonow vermied aber direkte Schuldzuweisungen an die Ukraine.
Es stelle sich die Frage, auf welcher Grundlage die Führung in Kiew schon kurz nach dem Absturz der Maschine die Separatisten dafür verantwortlich gemacht habe, sagte Antonow. Das ukrainische Militär habe Flugabwehrsysteme in dem Konfliktgebiet stationiert, obwohl die Aufständischen keine Flugzeuge hätten, behauptete er. "Die Antworten auf diese Fragen werden den Experten auch in Europa und Asien zeigen, was am Himmel über der Ukraine geschehen ist", sagte Antonow.
dpa/cd - Bild: Saeed Khan (afp)