Jean-Claude Juncker wird neuer EU-Kommissionspräsident. 422 der 751 Europaparlamentarier stimmten am Dienstag in Straßburg für den früheren Luxemburger Premier, gegen ihn votierten 250 Abgeordnete. Die erforderliche Mehrheit lag bei 376 Stimmen. Der 59-Jährige wird nach einer heftig umstrittenen Nominierung Nachfolger von José Manuel Barroso. Damit hat das Parlament einen wichtigen Sieg im Tauziehen mit den Regierungen um die Ernennung gewonnen.
Die Christdemokraten haben bei der Europawahl mit dem Spitzenkandidaten Juncker gesiegt, also sollte dieser nach Auffassung des Parlaments auch Kommissionspräsident werden. Bisher haben die Regierungen allein über die Ernennung entschieden, die das Parlament anschließend bestätigte.
Jean-Claude Juncker ist umstritten. Man nennt ihn das "Zahlengenie", den Muster-Europäer. Und genau da liegt für seine Kritiker das Problem. Zu viel Haushaltsdisziplin, sagen die einen. Zu viel Europa, die anderen. Aus Großbritannien, Ungarn und von den Euroskeptikern kam zum Teil heftiger Widerstand. Die britische Skandal-Presse fuhr seit Wochen eine Schmutzkampagne gegen den Luxemburger, stellte ihn als Trinker, notorischen Fremdgeher und als alten Nazi dar.
Arimont begrüßt Wahl
Die DG-Europaabgeordnete Pascal Arimont hat die Wahl des Luxemburgers Jean-Claude Junckers zum neuen EU-Kommissionspräsidenten begrüßt. Ostbelgien, so Arimont, werde von der Wahl Junckers profitieren.
Juncker sei ein Politiker, der die Region kennt. Das könne beispielsweise helfen, die Grenzgänger zu entlasten und die Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa zu stärken.
Europa muss wettbewerbsfähiger werden
Europas Wirtschaft muss nach Ansicht des designierten EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker wieder wettbewerbsfähiger werden. "Wir sind zurückgefallen", sagte der konservative Luxemburger am Dienstag im Straßburger Europaparlament. "Europa braucht eine breit aufgestellte Reformagenda", betonte er.
Dabei müssten auch Risiken eingegangen werden. Er schlug einen Zehn-Punkte-Plan vor, um das Wachstum anzukurbeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Juncker hob den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit hervor und sagte, dass private und öffentliche Investitionen die beste Waffe gegen den Verlust von Arbeitsplätzen seien. Innerhalb der nächsten drei Jahre will Juncker durch klügere Schwerpunkte im EU-Haushalt und Stimulierung von Privatinvestitionen durch die Europäische Investitionsbank (EIB) bis zu 300 Milliarden Euro zusätzlich mobilisieren. Ein entsprechendes anspruchsvolles Investitionsprogramm will Juncker bis zum Februar 2015 vorlegen, wenn er als Kommissionspräsident gewählt wird.
"Die Krise ist noch nicht zu Ende", sagte Juncker. "Sie wird erst vorbei sein, wenn wir Vollbeschäftigung haben. Wir brauchen eine Wirtschaftsregierung, und das werden wir auch erreichen". Juncker sprach mit Engagement und Nachdruck, im voll besetzten Plenarsaal wurde seine Rede mehrfach von längerem Beifall unterbrochen. Längere Zeit sprach Juncker auf Deutsch. "Ich drücke mich in der Sprache des Weltmeisters aus", sagte er dazu.
dpa/mitt/alk/jp/mh/rs - Bild: Frederick Florin (afp)