Beim schwersten Unfall in der Geschichte der Moskauer Metro ist die Zahl der Toten auf mindestens 20 gestiegen. Das sagte Wladimir Markin, Sprecher der russischen Ermittlungsbehörde am Dienstag der Agentur Interfax zufolge. Einen Terroranschlag schloss er aus. "Es handelt sich allem Anschein nach um eine technische Katastrophe."
Markin zweifelte an der zunächst verbreiteten Version, dass ein Spannungsabfall vor der Station "Slawjanski Boulevard" den Unfall verursacht haben könnte. Die Energiewerke der Stadt hätten eine solche Stromschwankung nicht bestätigt. "Wir ermitteln derzeit in alle Richtungen. Ein Defekt am Fahrgestell ist ebenso nicht ausgeschlossen wie eine kaputte Weiche." Zum Unfallzeitpunkt um 08:39 Uhr (06:39 Uhr MESZ) sei der Zug etwa 70 Kilometer pro Stunde schnell gefahren, sagte Markin. Die Linie bleibe zwei Tage lang geschlossen.
"19 Menschen sind bei dem Unfall gestorben, zudem erlag eine Frau im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen", sagte Oleg Salagaj vom Gesundheitsministerium. Insgesamt seien 129 Menschen in Kliniken gebracht worden.
Im morgendlichen Berufsverkehr waren in einem Tunnel drei Waggons entgleist. Ein voll besetzter Zug habe heftig gebremst, dabei seien die Waggons entgleist, sagte Wladimir Markin. "Der Grund für den Unfall war nach ersten Ermittlungen ein Fehlalarm, der von einem Spannungsabfall ausgelöst wurde", sagte er. Etwa 1100 Menschen wurden danach auf Metrostationen in Sicherheit gebracht.
Die Moskauer U-Bahn gilt mit täglich neun Millionen Passagieren als wichtigstes Verkehrssystem der mit mehr als zwölf Millionen Einwohnern größten Stadt Europas. Die 1935 eröffnete Metro ist allerdings technisch sehr renovierungsbedürftig.
Präsident Wladimir Putin lasse sich laufend informieren, sagte ein Kremlsprecher. Zivilschutzminister Wladimir Putschkow schloss einen Terroranschlag aus. 2010 waren bei zwei Selbstmordattentaten in der Moskauer Metro insgesamt 40 Menschen gestorben.
Zahlreiche Schwerverletzte wurden per Hubschrauber in Kliniken gebracht. Viele Passagiere erlitten Prellungen und Blutergüsse. Einige Fahrgäste waren zunächst in dem völlig zerstörten Waggon eingeklemmt und mussten von Rettungskräften befreit werden. Insgesamt wurden mehr als 200 Menschen aus dem Tunnel in Sicherheit gebracht. Mehrere Stationen waren gesperrt. Der Unfall geschah etwa 200 Meter von der Haltestelle entfernt.
Bürgermeister Sergej Sobjanin und Zivilschutzminister Putschkow eilten an die Unfallstelle und sagten den Opfern unbürokratische Hilfe zu. Hinterbliebene sollen eine Million Rubel (rund 21.500 Euro) Schmerzensgeld erhalten. Die Justiz eröffnete ein Strafverfahren wegen Verstößen gegen die technische Sicherheitsvorschriften.
Bürgermeister Sergej Sobjanin ordnete für diesen Mittwoch öffentliche Trauer in der Hauptstadt an.
dpa/jp/mh - Bild: Dmitry Serebryakov (afp)