Israel hat nach dem Mord an drei jüdischen Jugendlichen im Westjordanland massive Vergeltungsangriffe auf den Gazastreifen geflogen. Es seien Präzisionsschläge gegen 34 Ziele in dem Küstenstreifen am Mittelmeer geführt worden, teilte die Armee am Dienstag mit. Dabei wurden nach Angaben der palästinensischen Rettungsbehörden fünf Menschen verletzt. Es war der heftigste Luftangriff auf das Palästinensergebiet seit dem letzten großen Schlagabtausch zwischen Israel und der dort herrschenden Hamas im November 2012.
Militante Palästinenser hätten seit Sonntagabend mehr als 20 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert, sagte ein Militärsprecher in Tel Aviv. Der israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon bekräftigte am Dienstag, man sehe die radikalislamische Hamas als verantwortlich für den Mord an den Jugendlichen. Die Organisation müsse den Preis bezahlen. Israel werde "nicht ruhen, bevor wir die Mörder gefasst haben".
Leichen offiziell identifiziert
Die drei Leichen wurden am Dienstag offiziell identifiziert. Die DNA-Tests hätten gezeigt, dass es sich um Gilad Schaer, Naftali Frankel und Ejal Jifrach handle, sagte Polizeisprecher Mickey Rosenfeld. Vor der Beisetzung der Toten auf dem Friedhof in Modiin begannen am Nachmittag Trauerfeiern der Angehörigen.
Die drei Jugendlichen waren vor zweieinhalb Wochen nahe Hebron im südlichen Westjordanland verschwunden. Ihre Leichen wurden am Montag unter einem Steinhaufen in der Nähe von Hebron gefunden, in einem Gebiet, das unter palästinensischer Verwaltung steht. Die Israelis wurden offenbar schon kurz nach ihrer Entführung erschossen. Ihre Leichen wurden nur wenige Kilometer entfernt von dem Ort gefunden, an dem sie zuletzt gesehen worden waren.
Die israelische Armee beschädigte nach palästinensischen Angaben die Häuser der beiden Tatverdächtigen. In der Nacht zum Dienstag seien die Häuser von Soldaten umstellt und die Bewohner aus den Wohnungen vertrieben worden, sagten Anwohner der palästinensischen Nachrichtenagentur Maan. Zeugen sagten, in den Häusern habe es Explosionen gegeben. In einem der Gebäude sei ein Feuer ausgebrochen. Die israelische Armee bestreitet diese Darstellung. Ein Sprecher sagte, die Häuser seien durchsucht, aber nicht zerstört worden.
Dringlichkeitssitzungen
Als Folge des Todes der Jugendlichen trat am Montag das Sicherheitskabinett unter Vorsitz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zusammen. Nach der Beerdigung der Jugendlichen wollte das Gremium erneut über das weitere Vorgehen beraten.
Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas berief für Dienstagabend eine Dringlichkeitssitzung der Palästinenserführung ein. Dabei sollte es um die Auswirkungen der jüngsten Spannungen gehen. Israel forderte die Fatah-Organisation von Abbas auf, ihre Einheitsregierung mit der Hamas aufzukündigen.
Die Hamas beschuldigte ihrerseits Israel, den Tod der drei Jugendlichen als Vorwand für weitere Militäraktionen gegen die Palästinenser zu benutzen. "Wir weisen alle israelische Unterstellungen und Drohungen gegen uns zurück", hieß es in einer Erklärung der Hamas. Keine palästinensische Gruppe - auch nicht die Hamas - habe sich zu der Aktion bekannt.
Bei einem israelischen Militäreinsatz in Dschenin im nördlichen. Westjordanland wurde in der Nacht zum Dienstag ein Palästinenser getötet. Nach palästinensischen Angaben war er das sechste Opfer, das seit der Entführung der Jugendlichen am 12. Juni bei israelischen Einsätzen im Westjordanland getötet wurde. Insgesamt hat die Armee in dem Zeitraum mehr als 420 Palästinenser festgenommen, die meisten davon Palästinenser.
dpa/okr/sh - Bild: Oren Ziv (afp)